: Späth: Klare Niederlage
CDU soll sich den Sachfragen stärker zuwenden, meint Späth / Verluste auch auf dem Lande / Grüne wollen den „argumentativen Dialog“ mit den REPs ■ Aus Stuttgart Erwin Single
Die starken Gewinne der rechtsradikalen „Republikaner“ bei der Kommunalwahl in Baden-Württemberg haben bei den Parteien zu teilweise recht heftigen Reaktionen geführt. Ministerpräsident Lothar Späth wertete das Wahlergebnis als eine „Protestwahl“, von der hauptsächlich die „Republikaner“ profitiert hätten. Als „beunruhigend“ bezeichnete Späth die „Dramatik“, mit der die REPs diese hohen Ergebnisse einfahren konnten. Einer möglichen Zusammenarbeit der CDU mit der rechtsradikalen Partei erteilte Späth eine klare Abfuhr: Wenn es dazu komme, stehe er selbst zur Disposition. Darüber hinaus verwies er auf die klare Beschlußlage der Landes-CDU, nach der CDU-Mitgliedern, die mit den REPs paktieren, ein Parteiausschlußverfahren droht. Das Abschneiden der eigenen Partei wertete Späth als „klare Niederlage“. Es gehe nun darum, sich wichtigen Sachfragen wie etwa dem Wohnungsbau oder der Asyl- und Aussiedlerpolitik verstärkt zuzuwenden.
Die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Landtag Biggi Bender sagte, bei den Gewinnen der „Republikaner“ hätte sich offensichtlich der „Frust“ über soziale Probleme wie Wohnungsnot oder Arbeitslosigkeit entladen. Für viele BürgerInnen sei die Politik „über die Köpfe hinweggerollt“, ohne daß sie gefragt wurden. Biggi Bender forderte hierzulande „ein Stück Perestroika“ in der Politik. „Antifaschistische Notstandskoalitionen“ gegen die „Republikaner“ hält die Fraktionsvorsitzende für „völlig falsch“, vielmehr müsse mit den Leuten der „Republikaner“ in den Kommunalparlamenten ein argumentativer Dialog geführt werden. Das Ergebnis der Grünen selbst wertete sie als „durchwachsen“, obwohl sich die Grünen insgesamt konsolidiert hätten. Als eine Ursache für die Verluste in einigen Städten zog sie das „Erscheinungsbild“ der Grünen vor Ort heran, das dort eher durch „Streit“ als durch „Inhalte“ geprägt gewesen sei.
Nach ersten kompletten Mandatsergebnissen sind die CDU und die Grünen die Verlierer. SPD und Wählervereinigungen konnten spürbar zulegen, die FDP leicht. Ein vollständiger Überblick über die Entwicklung der Stimmanteile der Parteien und Gruppierungen ließ sich am Dienstag noch nicht gewinnen, da aus den meisten Wahlkreisen noch keine Stimmenzahlen vorlagen. Nach einer vom Innenministerium am Montag abend veröffentlichten ersten landesweiten Zwischenzählung der Gemeinderatswahlen haben sich die Stimmenverluste der CDU auch auf dem Land fortgesetzt. Bei dem nicht repräsentativen Ergebnis, das auf einer Auszählung von 629 meist kleineren Kommunen basiert, verlor die CDU dort 2,8 Prozent und kam auf 29,6 Prozent der Stimmen. Die SPD gewann leicht hinzu und bleibt mit 16,5 Prozent die drittstärkste Kraft im ländlichen Raum. Ihre dominierende Rolle auf dem Land behielten in Baden-Württemberg aber die „Freien Wählervereinigungen“, die mit einem Plus von 2,3 Prozent auf 45,8 Prozent kamen. Bei den Freien Wählern handelt es sich um „unabhängige“ Listenverbindungen, die insgesamt dem bürgerlichen Block zuzurechnen sind.
Die FDP und die Grünen mit 1,1 und 1,7 Prozent spielten in den kleinen Gemeinden eine geringe Rolle; allerdings treten sie dort seltener mit eigenen Listen an. Das gleiche gilt für die rechtsradikalen Parteien, die „Republikaner“ und die NPD. Hatten die „Republikaner“ auf dem Land so gut wie überhaupt nicht kandidiert, erreichte die NPD in ihren schon traditionellen Hochburgen Tuttlingen und Villingen -Schwenningen wieder 9,3 und 4,8 Prozent und sitzt auch künftig im Gemeinderat.
Nach der Einschätzung von Wolfgang Gibowski von der Mannheimer „Forschungsgruppe Wahlen“ kann trotz der hohen Stimmengewinne der „Republikaner“ kaum von einem „Rechtsrutsch“ gesprochen werden. Auch Gibowski erklärte, bei der Kommunalwahl hätten die Probleme vor Ort wie etwa der Wohnungsmarkt eine entscheidende Rolle gespielt, mit der sich die Politiker nicht genügend auseinandergesetzt hätten. Hier habe sich der „Unmut“ vieler WählerInnen auf dem Stimmzettel ausgedrückt, ohne daß dabei immer „rechtsradikale Überzeugungen“ dahinterstehen. Es müsse hier zwischen der Partei und ihren WählerInnen deutlich unterschieden werden.
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