Mehr Qualität statt nur Quantität

■ AL kritisiert Beschlüsse der Senats-Klausurtagung Finanzierung des Wohnungsbauprogramms ungesichert

Die Vernachlässigung sozialer Probleme zugunsten eines rein quantitativen Wohnungsbauprogramms hat gestern die AL dem Senat vorgeworfen. Der Senat hatte am vergangenen Wochenende in einer Klausurtagung zur Bevölkerungsentwicklung in Berlin unter anderem beschlossen, bis 1993 35.000 (bisher 28.000) neue Wohnungen zu bauen. Wie die taz gestern aus informierten Kreisen erfuhr, verlief die Klausur offensichtlich nicht ganz so harmonisch, wie es Momper dargestellt hatte. Umstritten war vor allem das Vorhaben, im sogenannten zentralen Bereich 4.000 neue Wohnungen zu errichten. Wohnungsbauexperte Michaelis kritisierte, daß sich alle Entscheidungen nur auf neue Wohnungen bezögen und die Bestandssicherung völlig vernachlässigt werde.

Scharf angegriffen wurde auch, daß der Senat nur auf Quantität statt auf Qualität schiele. Die Fraktionsvorsitzende Bischoff-Pflanz vertrat die Ansicht, daß eine Verschlechterung im sozialen und Gesundheitsbereich unmöglich hingenommen werden könne. „Reformprogramme und eine Verbesserung der Lebensqualität, wie sie in den Koalitionsvereinbarungen festgeschrieben werden, dürfen ncht vergessen werden.“

Die AL-Sprecher wiesen auch darauf hin, daß die Beschlüsse des Senats nur als politische Willenserklärung interpretiert werden könnten, solange sie finanziell noch nicht abgesichert seien. MdA Bernd Köppl stellte verschiedene Möglichkeiten vor, um die finanzielle Lage Berlins zu verbessern. Da eine tatkräftige Unterstützung durch Bonn unwahrscheinlich sei, müsse man erneut über eine Anhebung der Gewerbesteuer nachdenken. „Berlin hat von allen Ballungszentren die niedrigste Gewerbesteuer. Eine Anhebung auf den alten Hebesatz von 1979 würde etwa 250 Millionen Mark pro Jahr einbringen.“ Köppl hält auch die geplante Beibehaltung der Nettoneuverschuldung in einer Höhe von 1,4 Milliarden Mark für falsch. Die Sprecher der Fraktion plädierten dafür, den Haushalt 1990 ohne die erhöhten Programmzahlen für den Wohnungsbau zu verabschieden und erst in einem Nachtragshaushalt eine solide Grundlage für das Wohnunsgbauprogramm zu erstellen.

Geredet wurde auch über die Alliierten. Vorstandsmitglied Wolf sprach sich dafür aus, die alliierten Truppen um 10Prozent zu reduzieren, um die Besatzungslasten zu verringern und Bauflächen zu gewinnen. „Bei der jüngsten politischen Entwicklung in Europa muß es möglich sein, dieses Tabu zu brechen und ein friedenspolitisches Signal zu setzen.“

kd