Studentische Wohnungsnot-betr.: taz vom 20.10.89, Seite 6

betr.: taz vom 20.10.89, Seite 6

Senat schafft Wohnungen für StudentInnen durch Räumungen. Der Berliner Senat begegnet der Wohnungsnot der StudentInnen auf seine Weise: Er kündigt und läßt die schwächsten, meist ausländischen StudentInnen räumen, die seiner Meinung nach schon zu lange in einem Studentenwohnheim wohnen, obwohl sie Verträge bis zum Ende ihres Studiums haben. Aufgrund der schwierigen sozialen Lage dieser StudentInnen wohnen die meisten von ihnen schon um die zehn Jahre in einem Studentenwohnheim.

Der Vorstand des Berliner Studentenwerks hatte nun beschlossen, für diese 200 MieterInnen eine Überganszeit von höchstens vier Semestern zu schaffen, um ein bevorstehendes Examen oder eine Wohnungssuche zu ermöglichen. Die Vertreter des Berliner Senats fanden dieses Angebot untragbar. Nach und nach werden nun, wie schon vorher begonnen, alle MieterInnen gekündigt. „Die Kündigungsankündigungen werden innerhalb der Amtsgerichtsbezirke nur nach und nach versandt. Durch eine möglichst breite 'Streuung‘ werden zum einen Solidarisierungseffekte innerhalb der Heime und ebenso eine eventuelle Häufung von Klagen in einem Gerichtsbezirk vermieden“ (Wohnheimverwaltung des Studentenwerks). Solch eine Regelung ist für die VertreterInnen des Berliner Senats tragbar. So sind StudentInnen in einem Wohnheim schlechter gestellt als MieterInnen, die zumindest gesetzliche Kündigungsfristen für sich beanspruchen können. Neue oder zusätzliche Wohnungen werden damit bestimmt nicht geschaffen, da diese StudentInnen sich nun andere Buden in Berlin suchen müssen. Damit wird höchstens die Studiendauer noch verlängert und das Wohnungsproblem langfristig weiter verschärft.

Ansgar Gusy, Stud. Vorstand im Studentenwerk Berlin