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Spielfreude und Drive

■ Das 29th Street Saxophone Quartet begeisterte im Packhaus

Sie tragen die Straße nicht nur im Namen, sie scheinen sie auch im Herzen zu tragen. Die Straße - letztlich Ausgangspunkt des Jazz - ist in ihrer Musik ständig präsent. Die vier New Yorker Saxophonisten Bobby Watson (as), Ed Jackson (as'ss), Rich Rothenberg (ts) und Jim Hartog (bs) können auf der Straße ebenso bestehen, wie im Konzertsaal. Am Mittwoch rissen sie das Publikum im auffallend gut besuchten Orchesterboden des Packhauses vom ersten Stück an mit. Mitreißend ist auch die richtige Beschreibung der Musik des Quartetts. Ob nun

Standards oder Eigenkomposi tionen, kennzeichnend für die meisten Stücke ist ein treibender Rhythmus, auf dem sich kompakte Klanggemälde entwickeln, mit ebenso leuchtenden wie variationsreichen Klangfarben, voller Spielfreude dargeboten.

Grundlage sind dichte Arrangements, in denen sich die Variation der Klangfarbe aus den unterschiedlichen Konstellationen des Zusammenspiels ergibt. Treibende tutti -Passagen werden von Duetten oder Trio-Sequenzen abgelöst, aus denen oder vor denen wiederum solistische Ausflüge erfolgen. Eine sympathische Eigenart des Quartetts besteht darin, diese unterschiedlichen Konstellationen durch Veränderung der Positionen auf der Bühne visuell zu unterstreichen. So kommt zur quirligen Musik ständige Bewegung auf der Bühne. Im Rahmen dieses Konzepts gibt es kaum unbegleitete Soli, der Rest der Gruppe schafft immer einen Raum aus dem heraus sich die Soli entwickeln. Dabei kommt v.a. Jim Hartog am Baritonsaxophon die Aufgabe zu, die rhythmischen Basslinien beizusteuern. Am Mittwochabend steuerte er neben dieser harten timekeeper-Arbeit zudem zwei besonders schöne Bariton-Soli bei. Hervorzuheben auch Bobby Watson, durch seine Mitgliedschaft bei Art Blakey's Jazz Messengers sicher bekanntester der vier, der auf seinem Altsax einen schneidendrauhen, expressiven Ton einbrachte und einige rasiermesserscharfe Duette mit Ed Jackson blies, welcher zum besonderen Amüsement des Publikums auch eine witzige Rap-Einlage lieferte „Do what ya wanna do“.

In den dichten, mit Verve vorgetragenen Stücken, die nie akademisch ausuferten, war durchaus Raum auch für leise Töne.

Nach furiosen tutti-Sätzen tauchten plötzlich ganz feingesponnene, zarte Klänge auf. Neben dem groovenden Drive der Stücke sind es v.a. die augenzwinkernden Zitate und der bluesig-rauhe Ton der Straße, die die Musik des 29th Street Saxophone Quartet so mitreißend macht. Am Mittwochabend groovte und swingte der ganze Saal, fast jedes Stück wurde mit begeistertem Applaus quittiert. Die Spielfreude der vier New Yorker übertrug sich aufs Publikum und dessen Begeisterung beflügelte wiederum die Musiker. Ein großartiger Auftritt (von Radio Bremen mitgeschnitten ), der wohl keine/n entäuscht nach Hause gehen ließ.

Arnaud

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