Ost-West-Militärdialog

■ Nato-Parlamentarier diskutierten mit den Kollegen des „Warschauer Paktes“ / Öffnung der Militärbündnisse verlangt

Bonn (dpa/taz) - In einer ersten Diskussionsrunde zwischen Parlamentariern aus Nato-Staaten und Staaten des Warschauer Paktes, die gestern in Bonn eröffnet wurde, haben die Volksvertreter Perestroika auch für die Militärbündnisse gefordert. Auf Einladung des Unterausschusses Osteuropa der Nordatlantischen Versammlung waren kleine Delegationen aus Ungarn und Polen mit den Vorsitzenden der Verteidigungsausschüsse erschienen. Die Tschechoslowakei hatte den Parlamentsvizepräsidenten Kucera mit zwei Abgeordneten entsandt.

Das neue Ost-West-Verhältnis wurde von dem polnischen Solidarnosc-Parlamentarier Jacek Szymanderski besonders deutlich dargestellt. Er verlangte als erste innerpolnische Reform die „Entpolitisierung der Streitkräfte“, die bisher ausschließlich die Interessen der Kommunisten vertreten habe. Sein Delegationsleiter, Jerzy Golaczynski, Mitglied der KP, hatte vorher die Öffnung der Bündnisse gefordert und ausdrücklich auf die Rede seines Kollegen aufmerksam gemacht. Differenzen zeigten sich zwischen den CSSR -Parlamentariern und ihren westlichen Kollegen. Nachdem der Bundestagsabgeordnete Klaus Francke (CDU) die gewaltsame Unterdrückung der jüngsten Demonstrationen und die Verfolgung des Bürgerrechtlers Vaclav Havel verurteilt hatte, wies Delegationschef Kucera solche Berichte als „häufige Übertreibungen in den westlichen Medien“ zurück. Der Politische Direktor des Auswärtigen Amtes, Dieter Kastrup, regte angesichts der zunehmend kollegialen Atmosphäre zwischen Nato-Parlamentariern und ihren Kollegen aus den Reformstaaten an: „Wir sollten die Vokabel Ostblock zu den Akten legen.“