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IG-Medien will aufgeklärt werden

■ Radio Bremens bestgehütestes Geheimnis liegt im Personalratsschreibtisch

Die IG Medien will es jetzt auch endlich wissen. Nämlich wie das Radio-Bremen-Direktorium gedenkt, den Sender ins nächste Jahrzehnt zu bugsieren. Nachdem nun auch die gewerkschaftlich organisierten Radio-und Recherche-Profis irgendwie herausbekommen haben, daß der Bremer Sender in den nächsten Jahren drastisch in die roten Zahlen zu schliddern droht, verlangten sie gestern schriftlich und „unverzüglich“ Aufklärung über so brennende Fragen wie: „Wie konnte der finanzielle Einbruch bei den Werbeeinnahmen passieren“ und „Was gedenkt das Direktorium zu tun?“ Spätestens seit das Direktorium den Wirtschaftsplan mit noch geheimen, aber in jedem Fall erheblichen Kürzungen für das nächste Jahr verabschiedet hat, grassiert unter RedakteurInnen und freien MitarbeiterInnn die Angst um eigene Programmanteile und Arbeitsplätze.

Ganz genau wissen will die IG Medien jetzt auch endlich, was in einem Gutachten der Wirtschafstberatungsfirma „Congena/Ikoss“ über die Radio-Bremen-betrieblichen Kommunikations-und Entscheidungsstrukturen steht. Seit Monaten ahnt die Belegschaft in dem angeblich unter Top -Secret-Verschluß gehaltenen Attest ein Armuts-Zeugnis für die Chefetage. Von „für die Mitarbeiter nicht nachvollziehbaren“ Per-Ordre-de-Mufti-Entscheidungen des Direktoriums soll es da zu lesen geben und von „demotivierender Undurchsichtigkeit“ einsamer Programmdirektoren-Entschlüsse. Aber Genaues weiß man nicht, weil außer den Betroffenen selbst angeblich niemand den vollen Wortlaut kennt.

Was IG-Medien-Betriebsgruppen-Vorsitzende Elisabeth Vogt bei der markigen Forderung nach sofortiger Veröffentlichung des Gutachtens offensichtlich nicht wußte: Sie hätte nur zu ihrem IG-Medien-Kollegen und RB-Personalratsvorsitzenden Werner Mauermann zu gehen brauchen, um das Gutachten mal in voller Länge und Schönheit nachzulesen. Auch in Mauermanns Schreibtisch vergammelt der Text seit Monaten. Für die „betriebsfremde“ taz wollte Mauermann das Gutachten -Geheimnis gestern zwar nicht lüften, beteuerte aber: „Jeder Radio-Bremen-Mitarbeiter kann es bei mir jederzeit einsehen.“ Im übrigen habe die Congena für 180.000 Mark ohnehin nur festgestellt, daß Radio Bremen ein Betrieb wie jeder andere sei: Vieles läuft und einiges eben nicht so gut.

Völlig unverständlich wird die Sache allerdings, weil Mauermann selbst dabei war, als die Radio-Gewerkschafter ihre markige Forderung nach sofortiger Veröffentlichung des Gutachtens zu Flugblatt-Papier brachten. Die Betriebsgruppen -Vorsitzende Elisabeth Vogt fiel gestern aus allen Wolken, als sie von der taz erfuhr, daß jeder der bei Radio Bremen beschäftigt ist, im Personalratsbüro seine Neugier stillen kann: „Das ist mir völlig neu. Das weiß hier kein Mensch.“ Eine Stunde später war die gewerkschaftliche Front allerdings wieder gerade gezurrt. Seither gilt die gemeinsame Sprachregelung: Der Personalrat ist zwar im Besitz des Papiers. Über seinen Inhalt zu informieren, ist aber die verdammte Pflicht und Schuldigkeit des Direktoriums.

K.S.

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