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Reise-Krimis: Julian Barnes/Dan Kavanagh: "Duffy"

Julian Barnes, geb. 1946 in Irland, widmete seine Jugend dem Schulschwänzen, dem Sex und kleinen Diebstählen. Mit siebzehn hatte der Bengel von seinem Elternhaus die Schnauze voll und heuerte auf einem liberianischen Tanker an. In Montevideo schlich er sich von Bord und schlug sich mit den verschiedensten Jobs durch Nord- und Südamerika: Er war Ochsenringer, Rollschuhkellner in einem Drive-in-Restaurant in Tucson, Rausschmeißer in einer Schwulenbar in San Fancisco, Barpianist in Macao und er flog Schmuggelflugzeuge auf der kolumbianischen Kokain Route. Irgendwann wurde auch Mr. Barnes ruhiger. Er ließ sich nieder, legte sich das Pseudonym Dan Kavanagh zu und begann Kriminalromane zu schreiben - dafür hatte er nun wirklich die beste Ausbildung, die man sich denken kann. Der Held seiner Romane ist Nick Duffy, ein unbequemer Ex-Bulle, dem man einen Stricher untergejubelt hat, um ihn rausschmeißen zu können. Duffy gründet daraufhin seinen eigenen Verein und nennt ihn großspurig „Duffy Security“. In London gibt es natürlich massenhaft Sicherheitsdienste. Duffy besitzt nicht mal einen Hund, aber immerhin einen Kombi. Und außer einem Freund, der ein mal im Monat kommt, um ihm bei der Buchhaltung zu helfen, hat er auch keine Mitarbeiter.

Gleich der erste Band der Serie, Duffy (1980) schlug ein wie eine Splitterbombe - auch in Deutschland. Der Berliner Ullstein-Verlag brachte den Krimi 1981 in einer deutschen Übersetzung heraus. Jeder Krimifan hätte wohl liebend gerne Beifall geklatscht, hätte er das Buch denn lesen können. Kurz nach Erscheinen des Romans griff die „Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften“ in das literarische Geschehen ein und beging in ihrer grenzenlosen Naivität eine jener Dummheiten, für die sie bekannt und für die sie, nicht nur von Jugendlichen, im ganzen Land abgrundtief gehaßt wird: Sie setzte diesen tollen Krimi auf den Index! Damit war das Buch für den freien Ladenverkauf verboten. Begründung: „Exzessive Gewaltdarstellung in Verbindung mit Sex“. Nun findet jeder Mensch, der des Lesens fähig ist, in den deut schen Boulevardzeitungen täglich mehr Gewalt und Sex als Duffy in den Peepshows und Massagesalons von Soho, und es ist müßig darauf hinzuweisen, daß der Autor eine äußerst realistische Darstellung dieses Viertels liefert, denn für solche Argumente sind die verkalkten Zeitgreise der BPS wohl kaum zugänglich.

Dann kam die Rettung - aus der Schweiz. Im Juli 1988 erschien Duffy in der neu gestarteten Reihe Haffmans Taschenbücher des gleichnamigen Schweizer Verlags in einer neuen Übersetzung. Seitdem kann man den Krimi auch wieder in deutschen Buchläden bekommen. Die überflüssige BPS hat entweder nichts gemerkt oder den Schwanz eingezogen, wen interessiert das schon. Bei Haffmanns ist noch ein zweiter Duffy-Krimi erschienen: Vor die Hunde gehen. Hier muß sich der Sicherheitsexperte mit einer Leiche in einer Videothek, mit einem ehemaligen Busen-Wunder und mit beklemmend sauberer Landluft herumschlagen. Auch der Ullstein Verlag brachte noch zwei Romane mit Kavanaghs Held heraus, 1983 Airportratten und 1987 Grobes Foul. Letzterer ist ein Fußballkrimi, denn Nick Duffy ist begeisterter Amateurkicker.

Karl Wegmann

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