: Ein zu starkes Stück-betr.: "Finnisch-sowjetische Koexistent", taz vom 28.10.89
betr.: „Finnisch-sowjetische Koexistenz“, taz vom 28.10.89
Wir FinnInnen halten uns zwar für das tapferste Volk überhaupt, aber daß wir einen Krieg gegen die Sowjetunion gewonnen hätten, wie im obigen Artikel behauptet wird, das ist aber doch ein zu starkes Stück. 1918 soll es gewesen sein, als die Rote Armee von den finnischen Männern geschlagen wurde (eine reguläre Armee hatte Finnland damals nicht).
In Wahrheit herrschte damals in Finnland ein Bürgerkrieg: Finnland war vor der russischen Revolution etwa 100 Jahre ein autonomes Großherzogtum unter dem Zaren gewesen und strebte schon lange eine nationale Unabhängigkeit an. Nach der Revolution in Rußland gab es zunächst ein Machtvakuum, das einerseits die rechten Kräfte mit guten Beziehungen zu Deutschland zu füllen versuchten und andererseits kämpften die Arbeiterparteien für eine sozialistische Republik nach sowjetischem Muster. Die Situation spitzte sich zu und Anfang 1918 beschloß die sozialdemokratische Partei den Aufstand, nachdem die bürgerlichen Parteien angefangen hatten, eine Bürgerwehr aufzubauen. Es kam zum blutigen Bürgerkrieg, den die Rechten mit maßgeblicher deutscher Hilfe gewannen. Die Sowjetunion dagegen verhielt sich während des Krieges nahezu neutral. Lenin hatte der sozialdemokratischen Delegation die Unabhängigkeit versprochen und hatte genug zu tun bei den Kämpfen gegen die eigene innere Opposition.
So wurde im taz-Artikel aus einer gescheiterten Revolution ein gewonnener Krieg gegen die Sowjetunion - ideologisch stimmt es für die Rechten. Und die Bauchschmerzen mit der finnischen Neutralität, von denen im Artikel auch die Rede ist, haben hauptsächlich die Nato-verbündeten in Europa gehabt, die selbst am hartnäckigsten die Neutralität Finnlands geleugnet haben - siehe zum Beispiel den von Strauß geprägten Begriff „Finnlandisierung“.
Outi Arajärvi, Göttingen
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