piwik no script img

RB: Sparen - aber wie?

■ Direktorium konzeptlos, Belegschaft frustiert

Ohne Konzept und uneinig präsentierte sich gestern das vierköpfige Radio-Bremen-Direktorium auf der hausinternen Personalversammlung und mußte sich dafür von der Belegschaft zur Rechenschaft ziehen lasen. Nach den drastischen Einbrüchen (rund 40%) bei den Webeeinnahmen im Fernsehbereich zugunsten der privaten Konkurrenz geht im Sender die Angst um Arbeits- und Programmplätze um. Die beiden Direktoren für Verwaltung und Betrieb fanden: Drastisches Sparen ist angesagt - nicht bei Technik und Verwaltung, sondern im Programm. Die beiden DirektorInnen für Funk (Sommerey) und Fernsehen (Hoffmann) wollten alles, nur das nicht und setzten auf Einnahmenerhöhung; etwa durch fähigere Akquisiteure der Funkwerbung. Daß sich das Direktorium derart konzeptlos und immer noch überrascht von der sich seit Wochen anbahnenden Misere auf dem Werbemarkt zeigte, empörte die Belegschaft: „Wir kommen demotiviert und frustriert aus der Versammlung.“

Eine Idee des Direktoriums: 130 Planstellen sollen bis 1993 dadurch eingespart werden, daß aus Altersgründen freiwerdende Posten schlicht nicht neu besetzt werden. Wie noch sparen? BelegschaftsvertreterInnen fanden: Nachdem im Vorjahr für 8 neue Planstellen - vergeblich - auf tarifliche Gehaltserhöhung verzichtet worden war, könnte man doch statt der beiden bestellten Dienstwagen für die obere Etage für zusammen 85.000 Mark kleinere Modelle für 30.000 das Stück wählen - symbolisch gewissermaßen. (Das sei aber ein Gehaltsbestandteil, jammerten die Betroffenen.) Kontrapro duktiv wirke sich auch das Mißmanagement der Programmdirektorin Sommerey aus, indem für Konflikte und ihre Beilegung massenhaft und unsinnig Arbeitskraft vergeudet werden müsse. Ein Redakteur forderte „Perestroika im Sender“ gegen die falsche Hoffnung, die Oberen würden's schon richten. Ein anderer schlug vor: „Bremsen Sie die Schaumschläger!“ Überaus einleuchtend fanden mehrere MitarbeiterInnen den so schlichten wie wahren Beitrag einer Redakteurin, die darauf hinwies, daß es ohne Programm weder Technik noch Verwaltung oder Intendanten gebe. Erbarmungsloses Kaputtsparen und Streichen von Programmteilen führe zu Hörerschwund und noch weniger Einnahmen.

In den gestern verabschiedeten RB-Haushaltsplan für 1990, konzipiert für den Stichtag 1.10., und versehen mit den gekürzten Etatvorstellungen aus den Abteilungen, ist die Krise noch nicht eingegangen. Er wird am 6.12. dem Rundfunkrat vorgelegt. Bis Ende Dezember wollen sich die oberen Vier nun ein richtiges neues Konzept auch für mittelfristige Finanzplanung und für jährlich 5-Mio. -Einsparmöglichkeiten ausdenken und dem Personalrat präsentieren. Nein: kein Grund zur Panik, vorläufig sei von Entlassungen keine Rede. Und die Welle RB 4, trat Sommerey den Gerüchten entgegen, werde nicht eingestellt. RedakteurInnen und MitarbeiterInnen bleiben angesichts eines Direktoriums, das zwar am selben Strang, aber an verschiedenen Enden zieht, skeptisch: „Das Vertrauen der Belegschaft in ein neues Konzept ist nicht übermäßig groß.“ S.P

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen