: Von der Behörde in die Politik
Almuth Kottwitz, Nachfolgerin des zur SPD rotierten Otto Schily, ist Umwelt-Fachfrau Strömungspolitisch offen und ohne Probleme mit dem Schatten des Vorgängers ■ P O R T R A I T
Bonn (taz) - Almuth Kottwitz (37) wird den Abgeordnetensitz Otto Schilys bei den Grünen einnehmen. Die verheiratete Mutter von zwei Kindern ist gelernte Agrar-Ingenieurin und rückt auf der nordrhein-westfälischen Landesliste für knapp ein Jahr in den Bundestag nach.
Kottwitz, die Umweltprobleme bislang auf der Seite von Behörden und Institutionen wahrgenommen hat, möchte nun Politik gestalten. Zuletzt leitete sie die Abteilung für Umweltschutz und Landschaftsschutz beim Landschaftsverband Rheinland mit rund 25 Mitarbeitern. Davor war sie zwei Jahre Projektbetreuerin für die Gesellschaft für technische Zusammenarbeit (GTZ) in Brasilien. Daher ihr Engagement für die Dritte-Welt-Problematik. Bei den Grünen sitzt sie seit mehreren Jahren im Sprecherrat des Kreisverbands Rhein-Berg; wegen der beruflichen Belastung und der Kinder allerdings nicht auf landespolitischer Ebene.
„Schily ist Schily, ich bin Almuth“, antwortet sie selbstbewußt auf die Frage, wie sie sich im Schatten ihres Vorgängers fühlt. Um die Persönlichkeit Schily sei es „schade“, doch ihr Vorgänger habe sich so weit von der Partei entfernt, daß er nicht mehr anders konnte als zur SPD zu gehen. Sie glaube nicht, daß der Weggang Otto Schilys die Grünen schwäche, dazu sei der „Wählerstamm zu konsolidiert“. Natürlich sei es ein Wagnis, für ein Jahr in den Bundestag zu wechseln, doch die Aufgabe habe sie gereizt; die Versicherung des Landschaftsverbands, daß ihr Arbeitsplatz solange freigehalten werde, hat ihr die Entscheidung erleichtert.
Einer politischen Strömung möchte sich die gleichermaßen resolut wie seriös wirkende Almuth Kottwitz nicht zuordnen. Realpolitisch oder fundamentalistisch, diese Begriffe sind für sie „nicht sauber definiert“. Sie könne „damit nicht umgehen“. Kottwitz weist darauf hin, daß inhaltlich identische Aussagen bei den Grünen manchmal den Fundis, manchmal den Realos zugeordnet würden.
Unklar ist gegenwärtig, welche Bundestagsausschüsse Kottwitz übernimmt. Otto Schily, der sein Mandat mit dem Übertritt zur SPD niederlegte, saß im Auswärtigen Ausschuß und im Finanzausschuß; hinzu kommen ein Sitz im Untersuchungsausschuß zum Atomskandal Nukem/Transnuklear sowie im Unterausschuß Auswärtige Kulturpolitik. Wer aus der Fraktion Ambitionen auf den Sitz im Auswärtigen Ausschuß anmeldet, ist derzeit ebenso offen wie die Frage, ob für Schilys Nachfolgerin ein Platz im Umweltausschuß freigemacht wird. Sie selber möchte sowohl die Bereiche Umwelt als auch Dritte Welt bearbeiten.
Gerd Nowakowski
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen