piwik no script img

Endlich in einem Bremer Kino:

■ „Do The Right Thing“ von Spike Lee

Der heißeste Tag des Jahres in einer „black neigbourhood“ in Brooklyn. Die gesamte Kundschaft des italoamerikanschen Pizzabäckers Sal besteht aus Schwarzen, und in der Hitze fällt es allen schwer, ihre Aggressionen, Ängste, Frustrationen und Vorurteile im Zaum zu halten. Aber Spike Lee präsentiert uns die verschiedenen Bewohner der Straße so rasant, witzig und sympathisch, daß die Konflikte nur unterschwelig spürbar sind. Im ersten Teil des Films malt er uns ein liebevolles, sehr detailiertes Portrait von Bedford -Stuyvesant und seinen Bewohnern. Da gibt es keine Nebendarsteller: der Säufer und Bordsteinphilosoph Da Mayor, der Black Power Aktivist Buggin Out, Radio Raheem mit seinem überdimensionalen Ghettoblaster, die beiden Söhne von Sal, der Pizzaausträger Mookie (gespielt von Lee himself) und alle anderen, deren Leben sich an dieser Straße abspielt, werden in kurzen, anektodenhaften Szenen vorgestellt. Die Idylle ist trügerisch, aber für zwei Drittel des - im Rhythmus der immer präsenten schwarzen Musik inszenierten Films sehr unterhaltsam. Lee unterteilt auch nicht einfach und billig in gute Schwarze und böse Weiße. Alle sind schwach und stark - ungerecht und menschlich - in einer heißen Nacht zu Taten fähig, über die sie hinterher, am nächsten Morgen, erschrocken und ungläubig den Kopf schütteln.

Denn eine lächerlich kleine Auseinandersetzung darüber, ob Raheem sein Radio in der Pizzeria spielen darf, entwickelt eine fürchterliche Eigendynamik. Im letzten Teil wird „Do The Right Thing“ zu einem Horrorfilm. Und dieser Schrecken ist realistisch, denn Schlägereien, brennende Häuser und Polizeibrutalität gehören zur Wirklichkeit der amerikanischen Großstätte. Und gerade weil uns Lee die Straßenbewohner auf so unterhaltsame Art ans Herz gelegt hat, wirkt dieser Ausbruch, bei dem man gleichzeitig vor allen und um sie Angst bekommt, so verunsichernd. Lee hat keine simplen Antworten oder Botschaften und distanziert sich von dem, was er das „we are the World - Händchenhalten“ nennt. Die beiden Zitate am Ende des Films stehen für diese Widersprüche, die er aufzeigt, und eben nicht gleich wieder mit den Tricks des Kinos zukleistert: Neben einem Appell für Gewaltlosigkeit von Martin Luther King steht da der Satz von Malcolm X, daß er in einigen Fällen nicht von Gewalt, sondern von Intelligenz reden würde. „Was Tun ?“: „Do The Right Thing“.

Wilfried Hippen

(Schauburg, 21 Uhr, in Originalfassung mit Untertiteln)

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen