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TU-Professoren als Krankheitsprüfer?

■ Gibt es bald eine neue Krankheitsregelung bei Prüfungen an der TU? / Jetzt schon werden Ärzte von ihrer Schweigepflicht entbunden / Prüfungsausschuß soll entscheiden, ob Krankheitssymptome ausreichend sind / Bindehautentzündung und gebrochene Füsse

Was in den heutigen „Niederungen“ glossierend beschrieben wird, hat einen ernsten Hintergrund. Das Rechtsamt der TU versucht offensichtlich, eine Regelung für die Krankmeldung bei Prüfungen durchzusetzen, die bisher inoffiziell schon angewendet wird. Seit etwa zwei Jahren reicht es an der TU nicht mehr, ein ärztliches Attest vorzulegen, um die Prüfungsunfähigkeit zu bescheinigen. Der jeweils zuständige Prüfungsausschuß, der rechtlich über die Zulassung eines Prüflings auch im Krankheitsfalle zu entscheiden hat, kann in begründeten Einzelfällen verlangen, daß die Krankheit offengelegt wird. Dazu muß der Arzt von seiner Schweigepflicht entbunden werden. Praktiziert wurde dies in der Vergangenheit vor allem bei Wiederholungsprüfungen und wenn schon mehrere Atteste vorlagen.

In Zukunft könnte dies allerdings anders aussehen. Am Fachbereich 11 (Maschinenbau) ist es nach Angaben eines Studentenvertreters im Akademischen Senat - und auch einem Artikel der TU-Zeitung 'TU intern‘ zufolge - wiederholt dazu gekommen, daß der Prüfungsausschuß auch in nicht begründeten Fällen eine Offenlegung der Krankheit verlangte. Im Einzelfall wurde dann entschieden, ob diese Symptome ausreichen, an der Prüfung nicht teilzunehmen. So waren etwa eine Bindehautentzündung oder ein gebrochener Fuß kein Grund, bei einer Prüfung nicht zu erscheinen.

Das Rechtsamt der TU hatte gegenüber 'TU intern‘ angegeben, die Regelung werde eingeführt, um einer Krankschreibung aus „purer Prüfungsangst“ zu begegnen. Gegenüber der taz war das Prüfungsamt nicht bereit, irgendwelche Auskünfte zu erteilen mit der Begründung, an die Presse würden im Moment generell keine Informationen gegeben. Der Berliner Ärztekammer war auf Nachfrage von der Infragestellung ärztlicher Atteste in Prüfungsfällen nichts bekannt. Während das Rechtsamt der TU behauptet, daß eine Befreiung von der ärztlichen Schweigepflicht grundsätzlich keinen Rechtsbruch bedeute, weist die Ärztekammer dies in einer offiziellen Stellungnahme zurück. „In der parallelen Situation der Ausfertigung von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen wird in der höchstrichterlichen Rechtsprechung durch das Bundesarbeitsgericht der hohe Stellenwert des ärztlichen Attests bestätigt. Eine generelle Befreiung der Ärzte durch den Patienten von der Schweigepflicht und damit von Diagnosen oder Kranheitssymptomen ist abzulehnen.“ Unbenommen bleibe den Prüfungsämtern die Möglichkeit, in Einzelfällen die Ärztekammer einzuschalten.

In den Prüfungsämtern der FU, die dezentral für einzelne Fachbereiche zuständig sind, ist es wohl nicht vorgesehen, der TU nachzueifern.

kd

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