piwik no script img

Voscherau mußte herbe Schlappe einstecken

Kampfabstimmung beim Hamburger SPD-Parteitag / Ungeliebte Parteichefin wiedergewählt / Schweigen über Rücktrittsgerüchte  ■  Aus Hamburg Axel Kintzinger

Hamburgs Bürgermeister Henning Voscherau hat auf dem SPD -Parteitag am Wochenende die schwerste Niederlage seiner Amtszeit hinnehmen müssen. Denn zur Parteivorsitzenden wurde ausgerechnet die Frau wiedergewählt, die Voscherau unbedingt in die Wüste schicken wollte - Traute Müller. Besonders peinlich für Voscherau: Müller erzielte mit 196 von 362 Stimmen ein noch besseres Ergebnis als bei ihrer ersten Wahl vor einem Jahr. Damals noch ohne GegenkandidatIn, mußte die 39jährige Sozialpädagogin Müller jetzt gegen Voscheraus Wunschkandidatin, die ehemalige Justizsenatorin Eva Leithäuser (64), antreten. Während Voscherau und auch Leithäuser eine bedingungslose Unterstützung der Politik des Ersten Bürgermeisters fordern, pocht die zum linken Parteiflügel Müller auf das eigenständige Profil der Hamburger SPD. Sie stehe zwar „für bessere Partnerschaft und Zusammenarbeit“, sagte die Parteichefin, „nicht aber für Unterordnung und Gehorsam“.

In einer sehr aggressiv gehaltenen Rede hatte Voscherau den Führungsanspruch innerhalb des sozialdemokratischen Triumvirats aus Bürgermeister, Fraktionschef und Parteivorsitzender für sich reklamiert. Daß Traute Müller sich ihm gegenüber illoyal verhalten habe, begründete Voscherau erneut mit ihrer Hafenstraßen-Aussage. Müller bezeichnete die angestrebte Räumung der ehemals besetzten Häuser einst als „Niederlage der politischen Kultur“. In solch einer „schicksalhaften Frage“, so Voscherau in Verkennung der wirklichen Hamburger Probleme, dürfe man ihm nicht in den Rücken fallen.

Vor dem Parteitag hatte Voscherau hoch gepokert und sogar eine Rücktrittsdrohung für den Fall einer Niederlage lancieren lassen. Nach der Schlappe wich Voscherau den Fragen nach seiner politischen Zukunft allerdings aus. Der bekanntermaßen amtsmüde Regierungschef hatte die Verkündung des Wahlergebnisses mit versteinerter Miene über sich ergehen lassen.

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen