: Peter denkt nach - Nein danke, Peter
■ Ein hochkarätiges Triumvirat präsentierte Schilder-High-Tech par excellence
Ernst blickten die Männer, denn schwer war die Arbeit. Auf der gestrigen Landespressekonferenz waren die dunklen Anzüge von Peter Sakuth (Innensenator), Thomas Wunderlich (Straßenverkehrsbehörde) und Peter Rienäcker (Geschäftsführer der Bremer Parkplatz GmbH) dem zu verkündenden Ereignis angemessen: In Bremen gibt es seit neuestem 124 neue Hinweisschilder für orientierungslose AutofahrerInnen zum jeweils nächsten Parkhaus.
Peter Sakuth als Aufsichtsrats
vorsitzender der Parkplatz-Gesellschaft ließ es sich nicht nehmen, dieses Großereignis mit einer philosophisch-tiefen Rede zu würdigen. Von einem dunklen „Mobilitätsdrang der Menschen“ wußte der Senator zu berichten und betonte, daß „das Auto zu einem Stück unverzichtbarer Lebensqualität (geworden sei), das es zu verteidigen und zu fördern“ gelte.
Wie wir bereits an diesen ersten Sätzen erkennen können, ist Sakuth Mitglied einer Regierung, die sich ausführlich für die Förderung des öffentlichen Personennahverkehrs einsetzt. Mit der neuen Beschilderung geht es deshalb auch ganz gezielt einer
Kraftfahrergruppe an den Kragen, die den Parkhaus-Betreibern schon seit langem ein Dorn im Auge ist: dem „Parkplatzsuchverkehr“. Diese dreisten VerkehrsteilnehmerInnen versuchen doch tatsächlich immer wieder, sich an den Schlagbäumen der Hochgaragen vorbeizumogeln und ihr Auto in der freien Wildbahn der Stadt abzustellen.
Bei so viel schlechtem Willen hilft der Ausbau des öffentlichen Nahverkehrsnetzes natürlich nicht: hier muß eiskalte Technik die SünderInnen in die Schranken weisen. Ingenieur Thomas Wunderlich erläuterte deshalb vor den staunenden JournalistInnen in knappen Worten den Schilderwald, der jetzt jeden Dorftrottel mit seinem Trecker direkt bis ins Parkhaus führt. Zwölf Ankündigungstafeln, 55 „passive“ Schilder und 58 „aktive“ mit „Lichtfaseranzeige“ sind über einen Computer miteinander verbunden und - ähnlich wie in Krankenhäusern die Notstromaggregate - mit einem „Reservelampenstromkreis“ ausgestattet. Sollten in Bremen mal die Lampen ausgehen: keine Panik. Der Weg ins nächste Parkhaus leuchtet in jedem Fall über den Straßen der Stadt wie der Stern von Daimler-Benz. Zwei Millionen Mark kosteten die Dauerbrenner zu den insgesamt 6.500 Stellplätzen. AEG hat das „Bremer Parkinfor
mations-und Leitsystem“ (PILS) eigens für die Bremerinnen entwickelt.
Damit künftige BesucherInnen die Schilder auch wirklich sehen, flankiert die Bremer Parkhaus-Gesellschaft die Einführung des PILS mit einer aufwendigen Werbekampagne. Für 300.000 Mark wird eine Frankfurter Werbeagentur einen gezielten Angriff auf die parkende Klientel der WeihnachtseinkäuferInnen starten. „Dörthe“ heißt die personifizierte Vorbildparkerin, die „aus Liebe zu Bremen“ lieber gleich ins Parkhaus fährt und ihren „a priori erfolglosen“ Wunsch nach einem kostenlosen Freiparkplatz „draußen“ sausen läßt. „Dörthe denkt mit ... Danke Dörthe“ bückt sich die Parkhausgesellschaft zum Diener vor ihrer artigen Kundin und streicht die Parkgroschen ein.
Angesichts solcher Experimentierfreude und hochtechnologischer Computersysteme freuen sich alle BremerInnen auf den nächsten Schritt zur Belebung des ÖPNV. Der könnte etwa darin bestehen, die Straßenbahnlinie 2 aufzulösen, damit die BSAG-Kunden ohne Staus mit ihren Autos bis zum Domshof fahren können, um dann in die Straßenbahn umzusteigen, die sie durch die - zur Zeit leider nur als Fußgängerzone genutzte - Obernstraße fahren kann. Markus Daschne
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