: 1.000 Ärzte in die DDR
Ellis Huber, Präsident der Westberliner Ärztekammer, sieht akuten Notstand hier wie dort ■ I N T E R V I E W
taz: Wieviele Ärzte könnten in der DDR arbeiten?
Ellis Huber: Es gibt viele Ärzte, die daran interessiert sind. 8.000 ÄrztInnen sind in der BRD arbeitslos gemeldet, vermutlich befinden sich real 15.000 auf Arbeitssuche. Es wäre kein Problem, mehr als 1.000 Ärzte in der DDR einzusetzen. Wir müssen künftig eine Notsituation bei der Versorgung der Bevölkerung in beiden Teilen der Stadt erwarten: Hier laufen wir über, und drüben blutet das Gesundheitswesen sprichwörtlich aus. Wir müssen die Grenzen nach beiden Seiten öffnen, um die aktuelle Krisensituation zu lösen und für die Stadt und ihr Gesundheitswesen eine gesamtberlinerische, viel bessere Zukunft zu gestalten.
Müssen im Vorfeld noch finanzielle und bürokratische Probleme gelöst werden?
Das größte Problem ist das Devisenproblem. Das durchschnittliche Einkommen eines Arztes liegt in der DDR zwischen 1.200 und 1.600 Mark Ost. Hier in der BRD wird ein Berufsanfänger mit etwa 3.000 bis 3.600 Mark brutto im Monat vergütet. Diese Differenz und gleichzeitig auch die Kursunterschiede müssen ausgeglichen werden.
Da die DDR vermutlich nicht in der Lage ist, die Devisen aus eigener Kraft aufzubringen, bietet es sich in einem Akt direkter humanitärer Hilfe an, daß die Bundesregierung oder einzelne Landesregierungen die Differenz ausgleichen. Zum anderen könnte dies dazu beitragen, daß Ärzte von hier die durchaus positiven Seiten des Gesundheitswesens in der DDR kennenlernen.
Martina Habersetzer
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