: Flucht nach vorn
■ Parteivorstand der SEW trat nach heftiger Debatte zurück / Neuwahlen sollen im nächsten Januar stattfinden
In der SEW (Sozialistische Einheitspartei Westberlins) spitzen sich die politischen Konflikte zu. Am Montag war der aus etwa 80 Mitgliedern bestehende Parteivorstand kurzfristig einberufen worden, um über die neue Situation der DDR und über die politischen Schlußfolgerungen für das eigene Parteiprogramm zu beraten.
Nach heftiger Debatte trat das Büro und das Sekretariat des Parteivorstands kollektiv zurück. Das Büro des Parteivorstands führt die politischen Geschäfte zwischen den Sitzungen des Parteivorstands. (Es hat dieselbe Funktion wie das Präsidium von SPD und CDU; das Sekretariat des Parteivorstands macht die Geschäftsführung.) Aktueller Anlaß des Rücktritts war die Debatte über die Lage in der DDR. Kontrovers war vor allem die Frage, was die SEW zu einem Bild der DDR beigetragen hat, das sich offenbar als falsch herausstellt habe, wie der Chefredakteur der 'Wahrheit‘, Klaus-Dieter Heiser, gegenüber der taz erklärte. Heiser gehörte dem „Büro des Parteivorstands“ an und hatte selbst für den kollektiven Rücktritt des Sekretariats plädiert. Dieser Schritt sei nötig, um „die inneren Spannungen in der Partei zu überwinden“.
Am kommenden Samstag will der Parteivorstand nun seine Tagung fortsetzen. Die Mitglieder wollen versuchen, sich bis dahin auf eine gemeinsame Position zu einigen. Im Januar soll ein außerordentlicher Parteitag einberufen werden. Dort soll der gesamte Parteivorstand neu gewählt werden. Auf einem Parteitag im Juni will die SEW über eine „inhaltliche und programmatische Erneuerung“ beschließen.
U.Sieber
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen