piwik no script img

In den Wind geschlagen-betr.: Berichterstattung zur Entwicklung in der DDR

betr.: Berichterstattung zur Entwicklung in der DDR

Die Qualität der Berichterstattung der taz steht in unglaublich proportionalem Verhältnis zur Spektakularität der Ereignisse. Leider seid Ihr offenbar in den allgemeinen Taumel abgerutscht. (...) Dieser Taumel ist vielleicht verständlich, zumal wenn die Geschehnisse dicht vor Eurer Haustür laufen, aber er ist doch gerade deshalb besonders kritikwürdig. Die Distanz, die sich die taz bislang den Anlässen des öffentlichen Jubels gegenüber gewahrt hat, ist plötzlich bedenklich zusammengeschrumpft. Mit einemmal tauchen massenhaft Erlebnisberichte im Boulevardzeitungsstil oder vollkommen schwachsinnige Anekdoten wie im Artikel: „Auch der Bundespräsident überschritt die Grenze nach Osten“ (taz vom 13.11.89) auf.

Gleichzeitig werden wirklich wichtige Meldungen, die auch ausführliche Hintergrundinformationen verlangen würden, in Form von Kurznachrichten verbraten; bestes Beispiel dafür ist der Armutsbericht des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, der allein schon die wieder erstarkende Ideologie von unserem besten aller möglichen Systeme widerlegt. Diese wichtige Argumentationshilfe, derer die linke Opposition in der BRD so bitter nötig hat, schlagt Ihr einfach in den Wind.

Ich hoffe, daß sich Euer deutsch-deutscher Rausch bald wieder legt.

Dominik Haas, Köln 41

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen