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Weil Weill nicht immer gleich Brecht ist

■ Die „Schönen der Nacht“ im Schlachthof

Weill? Brecht! Ist doch logo. Aber weit gefehlt. Wer sich am Mittwochabend in den Schlachthof begeben hätte, wüßte es besser. So ganz ohne Dreigroschenbrecht und Epischem war sie natürlich nicht, die Revue mit Musik von Kurt Weill. Aber mal im Ernst: Wer assoziiert schon Broadwayglimmer und französisches Chanson mit dem Brecht'schen Hofmusikus. Aber er hat sie doch geschrieben, die Songs wie „Lady in the Dark“, oder „Complainte de la Seine“.

Ungerechtfertigt dünn besucht war die renovierte Kesselhalle. Das elaborierte Gemurmel des Schick-in-Strick -Publikums vermochte der großen Halle kaum Leben zu verleihen. Umso beeindruckender, wie laut und anhaltend so wenige klatschen können. Denn es hat ganz offensichtlich allen gefallen. Die „Schönen der Nacht“, eine der ältesten freien Theatergruppen und aus Freiburg, ließen sich von der spärlichen Besucherzahl sympathischerweise nicht bremsen. Sie sangen und tanzten mit vollem

Einsatz durch die eher edle als epische, silbrig graue Bühnendekoration. Mit Licht und Tuch und kargem Kostüm erzielen die Schönen beachtlich viel Show-Effekt, wenngleich das Ohr auf bessere Kosten kam. Wem das Brecht'sche liegt, wer verhalten den „Alabama Song“ mitzusingen liebt, auch der, und in diesem Falle die, kommt zum vollem Recht. Die Brecht'schen Evergreens, so wunderschön von unüberhörbar ausgebildeten Männerstimmen gesungen und gesprochen, das rührt ganz ungemein, besonders, wenn dazu ein gut gespieltes Piano erklingt und hin und wieder ein Schlagzeug. Kein Vergleich zu Lotte Lenya, ganz klar, aber das muß ja auch nicht. Die szenische Umsetzung leuchtete nicht immer ein, aber warum soll der Alabama-Song nicht auch einmal von Tunten gesungen werden, einfach so.

Nur eine Frage stellte sich den ganzen Abend? Warum sehen die Typen aus wie die Blues-Brothers nach dem Besuch eines billigen Optikers? Kerstin Dreye

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