: Die alltägliche Apartheid bröckelt
Südafrika schafft die Rassentrennung an Stränden ab / Die Opposition sieht darin einen Erfolg ihrer Kampagne / Ultra-Rechte: „Anfang vom Ende des getrennten Gemeinschaftslebens für Weiße“ ■ Aus Johannesburg Hans Brandt
Südafrikas Präsident Frederick De Klerk hat am Donnerstag die Aufhebung von Rassentrennung an Stränden und die baldige Abschaffung der gesetzlichen Rassentrennung in öffentlichen Einrichtungen angekündigt. Die Strände sollen ab sofort für alle zugänglich sein. Die Apartheid im Alltag soll voraussichtlich Anfang nächsten Jahres vom Parlament formell abgeschafft werden. Betroffen sind öffentliche Busse und Züge, Parkanlagen, Schwimmbäder und Krankenhäuser.
Die Regierung, die zügige Reformen der Apartheid versprochen hat, war in den letzten Monaten für die noch immer bestehende alltägliche Rassentrennung wiederholt kritisiert worden. Oppositionsgruppen haben seit Anfang August im Zuge einer Widerstandskampagne mehrfach die Rassentrennung in Bussen, Krankenhäusern und an Stränden ignoriert.
Oppositionssprecher feierten De Klerks Ankündigung deshalb als einen Sieg ihrer Kampagne. „Die Massen dieses Landes haben das Gesetz ohnehin durch ihre Aktionen für ungültig erklärt“, sagte Oppositionssprecher Cas Coovadia. Die ultrarechte Konservative Partei (CP) sprach andererseits vom „Anfang des Endes eines getrennten Gemeinschaftslebens für Weiße“. „De Klerk hat eine Entwicklung in Südafrika angefangen, die unvermeidlich dazu führen wird, daß das Land von der schwarzen Mehrheit regiert werden wird“, warnte der Sprecher der Konservativen Partei Koos van der Merwe.
Offizielle Rassentrennung ist in vielen Städten schon lange abgeschafft, da Stadtverwaltungen bei der Anwendung des Gesetzes Diskretion haben. Die Konservative Partei hatte Anfang des Jahres für Aufregung gesorgt, als sie in von der Partei kontrollierten Städten offizielle Rassentrennung wieder eingeführt hatte. Die Tatsache, daß es eine gesetzliche Grundlage für die CP-Aktion gab, war auch für De Klerk peinlich.
Mit der Entfernung von Rassentrennung in öffentlichen Einrichtungen verschwindet das letzte Gesetz der „kleinen Apartheid“. Die große Apartheid - getrennte Wohngebiete und Schulen, getrennte politische Einrichtungen, die Rassenklassifizierung aller Bürger und Reservate für Schwarze - besteht aber nach wie vor. Die politischen Rechte der schwarzen Mehrheit in Südafrika sind nicht erweitert wor
den.
Zudem warnte De Klerk selbst, daß es bei der Abschaffung dieser Trennung „einige sensible Bereiche“ gebe. Gemeint sind wohl Einrichtungen in konservativen Gegenden, in denen eine Abschaffung der Rassentrennung zu Rassenkonflikten führen könnte. Offenbar überlegt die Regierung, für solche Gegenden eine Sonderlösung zuzulassen.
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