: Die NRW-SPD auf klar monarchistischem Kurs
Jubelparteitag in Köln: 97,7% für Johannes Rau / Ausgrenzungskurs gegen Grüne bekräftigt / Nur der Juso-Chef wagt Widerspruch ■ Aus Köln Walter Jakobs
Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident und SPD -Landesvorsitzende Johannes Rau hat seinen Ausgrenzungskurs gegenüber den Grünen am Samstag auf dem Landesparteitag in Köln bekräftigt. Wörtlich sagte Rau: „Ich stehe in Nordrhein -Westfalen für eine Koalition mit den Grünen nicht zur Verfügung. Ich sage das noch einmal, damit Klarheit herrscht, jedenfalls was meine Person angeht.“
Allein der Juso-Landesvorsitzende Ralf Krämer wagte Kritik. Zwar kämpften auch die Jusos um die absolute Mehrheit für die SPD, aber wenn das nicht klappe, „werden wir uns auch in NRW dafür einsetzen, eine rot-grüne Koalition zu prüfen, weil das unsere erste Option ist“, sagte Krämer. Das sei auch im Hinblick auf einen Machtwechsel in Bonn unumgänglich, denn anders sei eine „linke, fortschrittliche, demokratische und ökologische Perspektive“ nicht zu realisieren.
Die Lockerungsübungen führender FDP-Politiker deuten aber an, daß im Falle des Falles in NRW sozial-liberal regiert werden soll. In immer barscherem Tonfall dreschen FDP -Politiker wie der Düsseldorfer FDP-Fraktionschef Rohde inzwischen auf den CDU-Mann Blüm ein.
Daß wegen einer Verbindung mit der FDP die Partei gegen ihren Spitzenmann aufsteht, steht angesichts des traumhaften Wahlergebisses nicht zu befürchten. Exakt 97,7 Prozent - und damit noch einmal 1,6 Prozent mehr als 1987 - der Delegierten kürten Rau am Samstag erneut zu ihrem Vormann. Von solchen Wahlergebnissen kann Egon Krenz in seiner SED in diesen Tagen nur träumen.
Raus Regentschaft nimmt unterdessen schon fast monarchistische Züge an. Um Neues wurde in Köln nicht mehr gerungen, Alternativen zum bisherigen Kurs der in leuchtenden Farben beschriebenen „ökonomischen und ökologischen Erneuerung von NRW“ erst gar nicht entwickelt. Das setzte sich bis in die Personalpolitik fort. Für die 15 Vorstandsposten kandidierten genau 15. Niemand fiel durch.
In der Deutschlandpolitik sprach sich Rau gegen „abstrakte Diskussionen über die Wiedervereinigung“ aus. Gefragt seien „praktische Konzepte für eine umfassende und faire Wirtschaftshilfe für die DDR“. Zur Finanzierung schlug Rau vor, die Steuerreform für ein paar Jahre auszusetzen und den Stopp neuer Rüstungsprojekte.
An dem Parteitag nahmen auch mehrere Vertreter aus der Oppositionsbewegung der DDR teil. Ein Vertreter der SDP warnte davor, freie Wahlen möglichst schnell zu fordern. Die Opposition brauche mindestens noch eineinhalb Jahre. Ein früherer Termin nutze nur der SED.
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