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Eure Heimat meine Heimat

Voller Rührung sah ich vor ein paar Wochen die ersten TV -Bilder über die Ankunft der DDR-AussiedlerInnen. Vielleicht ist es naiv zu glauben, daß jetzt der Zeitpunkt gekommen ist, wo Faschismus und Ausländerfeindlichkeit gehen und dafür Volksfreundschaft und Frieden kommen.

Aber diese Hoffnung hatte ich in diesen Tagen. Erste Schritte für den Frieden wurden endlich gemacht.

Auch meine persönlilche Situation war hoffnungsvoll in diesen Tagen, da ich gerade eine neue Arbeitsstelle angetreten hatte. Ich wurde von einer Werbeagentur bei der Firma H. eingestellt um Kundenbefragungen durchzuführen. Ich mochte die Arbeit, weil ich mit vielen Menschen in Kontakt kam. Dann passierte mir etwas sehr trauriges.

Während meiner Pause hielt ich mich im Aufenthaltsraum der Firma H. auf und wurde Zeugin eines Gespräches von MitarbeiterInnen über die Ankunft der vielen DDR -BürgerInnen. Oft beschwerten sie sich darüber, daß sie wegen dieser Menschen nun auch sonntags arbeiten sollten. Ich konnte das nicht verstehen, weil ich glaube, daß jeder kleine Opfer bringen kann, angesichts dieses historischen Moments. Schließlich war es lange unser Ziel, daß die Barrieren zwischen Ost und West fallen.

Dann waren sich die Verkäuferinnen plötzlich einig darüber, daß die ganzen DDRlerInnen ruhig hier bleiben könnten, wenn dafür endlich die unverschämten Polen, die dreckigen Türken und andere Minoritäten aus unserem Land verschwinden würden. Ihre Sprüche machten mich sehr betroffen und ich bat sie, über das Gesagte nochmals nachzudenken, worauf sie mich anschauten und abfällig riefen: „Oh Gott, noch eine Türkin!“ (...)

Ich habe sehr schnell gemerkt, daß ich auf verlorenem Posten stand. Das Lachen des anderen Personals im Raum zeigte mir, daß sie genauso dachten.

Ich verließ den Raum und ging zum Marktleiter, um ihm das Geschehene mitzuteilen. Ich teilte ihm mit, daß ich diese Arbeitsstelle aufgeben müsse, da ich keine Firma unterstützen möchte, deren MitarbeiterInnen ungestraft faschistoide Sprüche von sich geben können.

Meine Wut und meine Empörung waren groß, und ich suche jetzt bei allen, die wirklich für Frieden und Völkerverständigung eintreten, Unterstützung und Verständnis für meine Situation und mein Handeln. Ist es positiv oder negativ, daß ausländische ArbeitnehmerInnen die deutsche Wirtschaft seit über 30 Jahren unterstützen? Ist die Bereicherung durch eine fremde Kultur positiv oder negativ? Haben wir die Zeit des Nationalsozialismus immer noch nicht hinter uns gebracht? Warum muß ich mit Gewalt kämpfen gegen deutsche MitbürgerInnen, wo ich doch inzwischen dieses Land als meine Heimat ansehe?

Heimat ist immer dort, wo ich lebe und arbeite und für das Leben kämpfe!

Dilek Durusoy, Fulda

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