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Die FMLN sucht die Elite heim

In San Salvador besetzte die Guerilla einen Trakt des Sheraton-Hotels und nahm vier US-Militärberater gefangen  ■  Aus San Salvador Ralf Leonhard

FMLN-Kommandos besetzten am Dienstag einen Trakt des Luxushotels Sheraton in San Salvador und nahmen dort vier US -Militärberater gefangen. Einen Tag zuvor hatte die Armee noch gemeldet, sie hätte die letzten Guerillagruppen aus der Hauptstadt vertrieben. Tatsächlich hatten sich die Aufständischen unerwartet schnell aus ihren Positionen in den Vororten von San Salvador zurückgezogen - allerdings nur, um am Dienstag das Nobelviertel Escalon im Westen der Hauptstadt über Nacht zur Kriegszone zu machen, womit sie erstmals seit Beginn der Großoffensive am 11. November eine Direktintervention der USA heraufbeschworen.

Vor dem Gebäude, wo die Panzerfahrzeuge des Kavallerieregiments Aufstellung genommen hatten und die Soldaten vor den Projektilen der FMLN-Scharfschützen Deckung suchten, war die Nachrichtenlage lange Zeit verwirrend. Zuerst hieß es, die Guerilla hätte den Generalsekretär der OAS (Organisation Amerikanischer Staaten), Baena Soares, als Geisel genommen. Baena, der in El Salvador die Bedingungen für einen Waffenstillstand sondieren wollte, befand sich allerdings im Haupttrakt des Hotels , den die FMLN nicht einnehmen konnte. Die Armee holte ihn mit Spezialtruppen aus dem Gebäude und behauptete später, die Guerilla hätte ihn tötn wollen.

Die Hotelbesetzer hatten Baena jedoch längst freies Geleit angeboten und auch an die Auslieferung der Green Berets keinerlei Bedingungen geknüpft - außer einer einstündigen Feuerpause für den Rückzug. Dazu war die Armee jedoch nicht bereit. Trotzdem gelang den Guerilleros im Laufe der Nacht ein kampfloser Rückzug: Entweder gab es trotz der heftigen Dementis der Militärs doch ein Übereinkommen - oder die Streitkräfte wurden einmal mehr ausgetrickst. Die Militärberater waren jedenfalls am Mittwoch morgen auf freiem Fuß. 25 Hotelgäste, die während des Angriffs am Dienstag gefangengenommen worden waren, waren bereits zuvor wieder freigelassen worden. Siehe auch Seite 7

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