: Neues Präsidium der KP
■ Karel Urbanek hat keine 68er Vergangenheit
Über 16 Stunden dauerte am Freitag das Hauen und Stechen während der ZK-Sitzung der Kommunistischen Partei der Tschechoslowakei, bis das Ergebnis feststand: Parteichef Milos Jakes mußte seinen Hut nehmen. Mit ihm mußten Staatspräsident Gustav Husak, die langjährigen Führungsmitglieder Alois Indra, Jan Fojtik, Karel Hoffmann sowie, und das war überraschend, Ministerpräsident Ladislav Adamec ihre Sitze im Parteipräsidium räumen. Mit dem 48jährigen Karel Urbanek wurde in geheimer Abstimmung ein neuer Mann an die Spitze gewählt, der mit der 68er Vergangenheit nicht direkt verbunden ist. Schon in den letzten Jahren hatten die Kommunisten versucht, neue, unbelastete, aber gleichwohl auf Linie liegende Leute in die Führungsgremien zu hieven. Karel Urbanek, ein Beamter, der Bahnhofsvorsteher von Bojkowitz in Südmähren war, entspricht diesem Profil. Erst im März 1988 ins ZK der Partei gewählt, stieg er schon im Oktober 1988 ins Präsidium des ZK auf.
Schon 1982 wurde er Parteichef in Brünn und verstand es in den letzten Jahren immer wieder, sich als „mährischer Gorbatschow“ ins Gerede zu bringen. Seine konkrete Politik jedoch lief dem zuwider. Im März veröffentlichte er z.B. in der theoretischen Parteizeitschrift 'Tribuna‘ einen Artikel, in dem er führende Oppositionelle wie Vaclav Havel, Bogdan Lis und andere scharf angriff und die Forderungen nach Demokratisierung als „Rückkehr zu Kapitalismus“ brandmarkte.
Das Präsidium der KPC wurde von 13 auf neun Mitglieder verkleinert, sechs Mitglieder der alten Führung vom ZK bestätigt. So konnte sich der „Wendehals “ Jozef Lennart ebenso halten wie der Prager Parteichef Miroslav Stepan. Auch Ignac Janak, der mit Hilfe des Hardliners Vasil Bilak aufgestiegen war und Ivan Chnotek, der frühere Vorsitzende der slowakischen Regierung, sind weiter dabei. Die drei neu hinzugekommenen Präsidiumsmitglieder Cizek, Huscava und Zajic sind bis auf Miroslav Zajic, der Sekretär des Zentralkomitees ist, noch nicht auf Spitzenpostitionen hervorgetreten.
Neben den Personalentscheidungen verabschiedete das ZK ein Neun-Punkte-Programm, in dem die Staatsorgane aufgefordert werden, „keine Machtmittel“ zur Lösung gesellschaftlicher Probleme anzuwenden. Die KPC möchte ab nun einen Dialog mit „allen beginnen, die die Verfassung der CSSR anerkennen“. Darüber hinaus „empfiehlt das ZK eine Neubildung der Regierungen der CSSR, der Tschechischen Republik und der Slowakischen Republik mit einer breiteren Teilnahme von Vertretern anderer Parteien und Parteilosen“.
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