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Links ja, aber noch nicht vereinigt

Am Wochenende hielt in Ost-Berlin die DDR-Opposiionsgruppe „Vereinigte Linke“ ihr erstes „Arbeitstreffen“ ab / Befürworter einer zentralen Organisationsstruktur abgeblitzt / In inhaltlichen Fragen bleibt auch die „Vereinigte Linke“ noch unkonkret  ■  Aus Ost-Berlin Michael Rediske

Besonders einig zeigte sich das, was sich „Vereinige Linke“ nennt, an diesem Wochenende noch nicht. Die lose Gruppierung, die „allen Strömungen Platz läßt, die sich zum Sozialismus bekennen“, geriet sich auf ihrem „ersten Arbeitstreffen“ heftig in die Haare - vor allem über die Frage, ob und wie man sich denn nun organisieren solle. Von SEDlern über Trotzkisten und Antifas bis zu autonomen Projektgruppen war unter den über 500 TeilnehmerInnen im Ostberliner Tagungs-„Haus der jungen Talente“ alles vertreten.

Ans Rednerpult wagten sich allerdings fast ausschließlich Männer, und die bestimmten auch den Stil der Auseinandersetzung. Während eine Initiativgruppe sich vor dem Podium aufgebaut hatte und Antrag an Antrag reihte, um die „Vereinigte Linke“ möglichst schnell handlungsfähig zu machen, powerten die Dezentralen genauso hart dagegen. Einrichtung eines zentralen Informationsbüros? Lautstarker Protest. „Aber das ist doch nur ein Informationsbüro!“ „Information ist Macht!“ brüllte man mit und ohne Mikro durch den Saal. Der Kompromiß - drei Büros, für Norden, Süden und Berlin - fand zwar eine Zweidrittelmehrheit, doch die Minderheit stellt fest, schon dies sei „die Spaltung“.

Der nächst Vorschlag, ein „Netz von etwa 15 Kontaktadressen, die die Information zirkulieren lassen“, fand nur wenige Gegenstimmen, dafür zogen jetzt die harten Organisierer für eine Weile aus und berieten unter sich, wie sie die Sache beschleunigen können. Und auf der anderen Seite, bei den Dezentralen, überlegten sich nicht wenige, ob „wir überhaupt noch mal wiederkommen“. Alle Tendenzen wissen, daß sie durch die rapide Krenz-Wende und die Diskussion über den Wahltermin unter Zeitdurck geraten sind. Und so kam immerhin eine Projektgruppe zur Vorbereitung des „runden Tisches“ zustande.

Doch alles andere befindet sich noch in embryonalem Zustand. Vorbereitungspapiere zirkulierten zwar, zum Beispiel über „die Prämissen einer sozialistischen Wirtschaftsreform“, wo die „Selbstverwaltung der assoziierten Produzenten“ gleich neben der „materiellen Durchsetzung des Leistungsprinzips“ steht und das „effiziente wirtschaftliche Handeln“ neben sozialer Sicherheit und ökologischer Verträglichkeit. Und daß die Demokratie nicht an der Wahlurne, sondern in den Betrieben beginnt, galt als Binsenweisheit. Aber über die Idee einer Doppelstruktur von Räten kam man auch hier nicht hinaus. Man will sich ähnlich wie das Neue Forum gleichzeitig nach Betrieben wie „territorial“ organisieren, Ergebnis soll ein „Volkskongreß“ sein.

In den insgesamt zwölf Arbeitsgruppen zu Politik und Ökonomie - die Frauen kamen nicht vor, der „ökologische Umbau“ fiel mangels Beteiligung aus - wurde zwar intensiv gestritten, aber auf dieser Wochenendtagung, auf der ja nicht festgefügte Gruppen zusammenkamen, sondern sich Individuen oft zum ersten Mal begegneten, konnten natürlich Konturen für eine „Vereinigte Linke“ noch nicht entstehen. Die Positionen schwankten zwischen unbedingtem Streikrecht und solchem nur als letztes Mittel, und die einen wollen die Regierung Modrow punktuell unterstützen, für andere dagegen gab es dazu gar keinen Grund. Der Konflikt um künftige Bündnisse oder Regierungsbeteiligung ist schon abzusehen.

Gar nicht verstehen wollten solcherlei Widersprüche und Spagate diejenigen, die autonom oder trotzkistisch aus dem Westen gekommen waren und in manchen Arbeitsgruppen eine starke Minderheit stellten: Vor allem das halbe Dutzend trotzkistischer Grüppchen bemühte sich am Sonntag nachmittag auf einem „Ausländerplenum“, den DDRlern in jeweils zwei Minuten den Weg zu weisen: “...den Weg zur Arbeiterklasse finden“ (Trotzkistische Liga Deutschlands), „Modrow ist die Hauptgefahr“ (4.Internationale), „die Klassengesellschaft in der DDR durch die revolutionäre Aktion der Arbeiter stürzen“ (SAG). Man ließ sie reden. Schließlich will die „Vereinigte Linke“ ja nicht ausländerfeindlich sein.

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