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Smog-Alarm auf West-Niveau

■ Der Senat beschloß gestern eine verschärfte Smog-Verordnung / Ost-Autofahrer aus Berlin, Potsdam und Frankfurt/Oder müssen in West-Berlin zu Fuß gehen

Trabant-Besitzer müssen in West-Berlin bei Smog künftig als Fußgänger zugucken, wie Westberliner Autofahrer mit Kat durch die verpestete Luft düsen. Für Besitzer von Autos ohne Katalysatoren gibt es bei Smog in Zukunft keine Ausnahmeregelungen mehr. Ab 1991, so sieht es die gestern verabschiedete neue Smog-Verordnung vor, dürfen bei Fahrverbot nur noch Autos mit Katalysatoren fahren. Ausnahmen gelten noch für Taxen, Dienstfahrzeuge, Behindertentransporte und für die Privatwagen der freiwilligen Feuerwehrleute, wenn sie zum Einsatz gerufen werden. Auf die bisher geltenden umfangreichen Ausnahmegenehmigungen ganzer Berufsgruppen, wie Ärzte oder Journalisten angesprochen, sagte Umweltsenatorin Schreyer, sie gehe davon aus, daß die sich ein Katalysatorauto leisten oder mit Taxen fahren könnten.

Fahren ohne Kat darf nach der neuen Smog-Verordnung auch, wer sich auf dem direkten Weg nach Ost-Berlin, ins Umland oder auf den Transit begibt. Ein Fakt, den die Umweltsenatorin nicht gerne sieht. Denn umgekehrt dürfen Trabis bei Smog nicht einreisen. Die sogenannte „Trabi -Regelung“ sieht vor, daß Zweitakt-Fahrzeuge aus den Umlandbezirken Ost-Berlin, Potsdam und Frankfurt/Oder für West-Berlin keine Ausnahmegenehmigung bekommen. Diese „Asymmetrie“ hätte die Umweltsenatorin gerne ausgeglichen gesehen (siehe Kasten links „Lex Trabi“).

Für die kommenden Winter muß man sich auf häufigeren und länger andauernden Smog-Alarm einstellen. Verschäft wurde in der neuen Verordnung nicht nur der Faktor für die Staubbelastung der Luft von bisher 1,3 auf 2,0. Er ist damit dem der übrigen Bundesländer und der Smog-Musterverordnung des Bundes angeglichen. Auch die Zeitspanne die nötig ist, um den Alarm auszurufen, wurde verkürzt. Bislang mußten an drei Meßstellen im Stadtgebiet in 21 aufeinanderfolgenden Stunden die Grenzwerte überschritten sein. Das wurde jetzt auf zwölf Stunden verkürzt. Ist erst einmal Smog-Alarm ausgerufen, wird er nicht wie bisher schon sechs Stunden nach Unterschreiten der Grenzwerte wieder abgeblasen, sondern erst wenn die Meßstellen 12 Stunden lang grünes Licht geben.

Begrüßt - und sofort als „veraltet“ verdammt - wurde die Smog-Verordnung vom „Bund für Umwelt und Naturschutz“ (BUND). Der BUND fordert: Fahrverbot auch für Kat-Autos, Grenzwerte auch für Ozon („Sommersmog“), weniger Flüge bei Smog, keine pauschalen Ausnahmegenemigungen - und Lkw -Fahrten nur mit Rußfiltern.

Auch in Ost-Berlin wurde Anfang November eine Smogverordnung erlassen. Wie auf der West-Seite beinhaltet sie eine Staffelung von Informationsstufe, Stufe 1 und Stufe 2. Die Grenzwerte sind analog. Für die Vorwarnstufe 0,6 mg Schwefeldioxyd pro Kubikmeter Luft. 1,2 mg für Stufe 1 und 1,8 mg für Stufe 2. Gemessen wird in Ost-Berlin allerdings nur an drei Stellen - und nur Schwefeldioxyd. Ein Fahrverbot ist dort nur als „Kann„-Bestimmung bei Stufe 2 vorgesehen. Auch die Drosselung von Heizungen, in West-Berlin bei Stufe 1 auf 18 Grad vorgeschrieben, ist im Katalog von Ost-Berlin nicht enthalten.

bf/taz

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