piwik no script img

WIR WOLLEN ZUSAMMENKOMMEN!

■ Frauen aus Hamburger U-Haft fordern mehr Raum für Kontakt

Die Haftbedingungen in dieser Anstalt stellen eine unbegründete und unangemessene Zusatzstrafe dar! Statt das Leben hier dem Leben anzupassen, so weit es eben geht, wird hier jede Lebensform unterdrückt! Die Mißstände und der „nicht menschengerechte Umgang“ in dieser Haftanstalt sehen folgendermaßen aus:

Die meisten von uns sind 23 Stunden täglich in einer Zelle eingesperrt. Bei einer Freistunde pro Tag haben wir kaum die Möglichkeit über unsere Probleme, Ängste und Sorgen zu reden, zumal wir bei unseren Gesprächen - in der Freistunde

-auch noch „bespitzelt“ werden. Also sitzen wir 23 Stunden am Tag allein mit unseren Gedanken, Fragen und Zweifeln in den Zellen. Jede Kontaktaufnahme und Kontaktvertiefung sowie die Zusammenkunft von Gefangenen untereinander wird verboten und abgelehnt. Dadurch wird die „persönliche, geistige und seelische Entfaltung“ gänzlich mißachtet, die auch in der Haft gewährleistet werden muß. Diese Isolation hat zur Folge, daß durch die mangelnde Kommunikation und Diskussion, die extreme Nerven- und Seelenbelastung sich äußerst schädlich auf uns auswirkt. Die lebensnotwendige Problembewältigung wird dadurch unterbunden. Ferner werden Aggressionen erzeugt und aufgestaut, die wir nirgendwo und in keiner Form abbauen können, da zum Beispiel kein regelmäßiger Sport angeboten wird. Die wöchentlich ca. zweimal veranstalteten „Gruppenmittage“ werden nicht für alle, sondern nur für „Auserwählte“ angeboten und sind mit der Teilnahme am Gottesdienst verknüpft. Das heißt, jemand, der nicht am Gottesdienst teilnehmen will, wird von der Teilnahme an der Gruppe ausgeschlossen. Dann gibt es unregelmäßig auch noch die von einem Ex-Knastleiter geführte „Gruppe“, an der erstens auch nur „Ausgesuchte“ teilnehmen, und zweitens ist die Vertrauensbasis und das Recht auf freie, unzensierte, Meinungsäußerung in Gegenwart eines Ex -Knastleiters wohl kaum gegeben, nicht erstrebenswert oder gar erwünscht.

Es besteht keine Möglichkeit, seine zum Beispiel Sprachkenntnisse mit Mitgefangenen weiterzubilden oder auszutauschen. Weiterbildung, kreative Beschäftigung und das pure Miteinander ist aber für die Persönlichkeitsentwicklung von großer Bedeutung und daher dringend notwendig.

Folgende Punkte sind für einen menschengerechten Umgang umgehend erforderlich:

1. Täglicher Aufschluß vom Abendbrot bis zum Einschluß, also von ca. 16 bis 18 Uhr. An den Wochenenden eine Stunde länger.

2. Regelmäßiger Sport, zweimal zwei Stunden pro Woche.

3. Gruppenraum zur freien Gestaltung verschiedener Gruppen, wo wir regelmäßig - ohne eine Aufsichtsperson zusammenkommen können, um Gruppentreffen für alle zu gestalten.

4. Möglichkeiten zur Weiterbildung, zum Beispiel Sprachen. Sprachkenntnisse können sehr gut von Gefangenen an Mitgefangene unterrichtet werden.

5. Statt zweimal Duschen pro Woche, tägliches Duschen.

Der jetzige Zustand in dieser Haftanstalt ist unzumutbar und unerträglich. Zum Leben gehört mehr als nur in einer Zelle aufbewahrt und verwahrt zu werden!

17 Frauen aus der U-Haftanstalt Hamburg

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen