: Franke will keine Frau
■ Gegen Kollegium, Ortsamt und Personalrat den männlichen Mitbewerber vorgezogen
Bildungssenator Horst-Werner Franke hatte sich nach knapp zehnminütiger Anhörung eine feste Meinung gebildet. „Die ist nicht qualifiziert“, stellte er ultimativ fest. Und die verschüchterte Bildungsdeputation sah es wie der kämpfende Senator, und stimmte mit ihm für einen männlichen Mitbewerber. So geriet die Deputationssitzung am Dienstagnachmittag zur Lehrstunde über bremische Frauenförderungspolitik.
Der Fall: Seit Februar 1989 ist an der Schule Bördestraße die Abteilungsleiterstelle für den Zweig Berufliche Bildung unbesetzt. Drei KandidatInnen bewarben sich auf die A 15 -Stelle. Eine davon war Brunhilde Osthus, seit zehn Jahren an der Schule Bördestraße. Vor eine Entscheidung hat das Bremer Recht ein langes Verfahren gesetzt. Erst wählt das Kollegium seinen Wunschkandidaten, dann wählt der Fachausschuß des Ortamtsbeirates, dann der Personalrat Schulen und zuletzt dann die Bildungsdeputation. Und die küren in der Regel ohne nochmalige Anhörung der BewerberInnen den Kandidaten, der in den anderen Gremien die Mehrheit bekommen hat. Die Sachlage in diesem Fall: Im Kollegium hatten 73 LehrerInnen für die Kollegin Osthus gestimmt, 23 für den Mitbewerber Suchsland. Klar auch das Votum des Ortsamtes: Fünf Stimmen für Frau Osthus, eine für Suchsland, eine Enthaltung. Und auch der Personalrat sprach sich für Osthus aus, obwohl sie weder GEW-Mitglied noch Genossin war. Anders der Kollege Suchsland. Von dem wird erzählt, daß er im Februar in die SPD eingetreten ist.
Trotz der eindeutigen Beschlußlage entschloß sich die Deputation zur nochmaligen Anhörung der BewerberInnen, klares Indiz, daß Franke bereits vorher entschlossen war, die vorliegenden Voten zu kippen. Denn, so Elli Aulfes, Beiratssprecherin der SPD in Burglesum und engagiert für Brunhilde Osthus: „Üblich ist eine nochmalige Anhörung nicht.“ Kleine Pikanterie am Rande: Elli Aulfes ist Ehegattin von Heinz Aulfes, der seines Zeichens Sprecher der Bildungsdeputation ist. Elli Aulfes hatte Franke in der Sitzung vorsichtshalber noch die Frauenförderrichlinie auf den Tisch gelegt, in der es heißt: „Bei gleicher Qualifikation ist eine Frau bevorzugt einzustellen und zu befördern.“ Reaktion von Franke: „Ich kenn‘ das.“ Elli Aulfes zur Entscheidung: „Das hat mich umgehauen.“ „Ärgerlich“ findet auch die Leiterin der Gleichstellungsstelle, Ursel Kerstein, Frankes Männerkungelei. „Man sieht auch in diesem Fall, daß die Richtlinie überhaupt keine Wirkung hat.“ Die Betroffene selbst mag nach einem halben Jahr Bewerbungsgerangel nicht mehr weiterkämpfen. Brunhilde Osthus: „Ich habe sehr viel Nerven gelassen und keine Lust, auf Umwegen doch noch hinaufgehievt zu werden.“
hbk
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