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Öko-Grüße nach Teltow

■ Teltower Giftmüllskandal: Westberliner Stadträte bieten Hilfe an / Noch heute Gespräch mit Teltower Bürgermeister / SPD sieht in dem Fall die „erste Nagelprobe“ für ökologische Ost-West-Kooperation

Das dubiose Giftmüllager im Teltower VEB Elektronische Bauelemente hat gestern auch die Behörden in West-Berlin alarmiert. Heute noch wollen die Gesundheitsstadträte von Zehlendorf und Steglitz, Benneter (SPD) und Bensel (AL), dem Teltower Bürgermeister Manfred Graulich eine gemeinsame Lösung des Umweltproblems anbieten. Die beiden Gesundheitsstadträte bestätigten damit schon gestern eine Feststellung der SPD-Fraktion: Der „Teltower Umweltskandal“, erklärte die SPD, könne „zu einer ersten Nagelprobe umweltpolitischer Ost-West-Kooperation in einem akuten Gefährdungsfall“ werden.

Eine Umweltschutzgruppe aus dem Teltower Elektronikwerk hatte sich, wie die taz gestern berichtete, über den BUND an die Westberliner gewandt. Die Ost-Ökologen berichteten von 70.000 Litern Lösemittelabfällen, die in rostigen Fässern auf ihrem Firmengelände gelagert seien. Der Giftmüll könne das Grundwasser verseuchen, warnten die Umweltschützer. Bei einem Brand befürchten sie eine Gaswolke, die in die wenige hundert Meter entfernten West-Bezirke Zehlendorf und Steglitz treiben könnte.

Die SPD-Fraktion dankte in ihrer Erklärung der Teltower Umweltschutzgruppe für die „unverzügliche Information“. Der Leitung des Teltower Betriebes warfen der umweltpolitische Sprecher der Fraktion, Behrendt, sowie die Zehlendorfer Abgeordneten Sander und Friedl „Verantwortungslosigkeit“ vor.

Stadtrat Bensel aus Steglitz will dem Teltower Bürgermeister, der heute ohnehin Steglitz besucht, „Hilfestellung“ bei der Analyse der Stoffe anbieten. Der Fall in Teltow sei offenbar „relativ identisch“ mit dem Skandal um die Steglitzer Chemiefirma Kalisch, der 1985 bekannt wurde. Bensel fürchtete gestern, ähnlich wie bei Kalisch könnten die Giftfässer in Teltow platzen, wenn sie im nächsten Sommer von der Sonne erhitzt würden. Eher „spekulativ“ sei dagegen die Gefahr, daß bei einem Brand eine Gaswolke entstehen könnte. Der Zehlendorfer Gesundheitsstadtrat Benneter bat den Potsdamer Rat für Umweltschutz, Walter Reichert, schriftlich, „umgehend Auskunft“ über das Giftmüllager zu geben.

Umweltsenatorin Schreyer wurde von der SPD-Fraktion aufgefordert, ebenfalls „umgehend“ mit den DDR-Behörden Kontakt aufzunehmen. Die Senatorin werde „das Thema natürlich ansprechen“, wenn sie am 8.Dezember mit DDR -Umweltminister Reichert zusammentreffe, sagte Umweltstaatssekretär Groth gestern. Es gehe aber bei dem Problem „nicht nur um einen Betrieb“, meinte der Politiker. „Überall rund um West-Berlin gibt es Betriebe, die nach unseren Gesetzen unzulässig wären.“

hmt

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