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Husak klebt an seinem Posten

■ Begründung des CSSR-Präsidenten zeigt Wiederholungszwang zu '68er „Hilferuf“ / Demonstrationen zeichnen sich ab / Mlynar und Milos Forman kehren zurück / Bürgerforum will nicht in Regierung eintreten

Prag (ap/taz)- Der tschechoslowakische Staatspräsident Gustav Husak hat die Forderung der Opposition zurückgewiesen, spätestens bis zum 10. Dezember zurückzutreten. Husak, der sich zu den Ereignissen in der Tschechoslowakei in Schweigen gehüllt hat, antwortete über die offizielle Nachrichtenagentur CTK. Er argumentierte mit einem „Wunsch von Abgeordneten“. Diese Abgeordneten von der kommunistischen Fraktion, zehn an der Zahl, hätten ihn im Hradschin aufgesucht und zum Verbleib im Amt ermuntert. Man erinnert sich: An der Wiege des derzeit abtretenden Regimes stand im August 1968 ein „Hilferuf“ an die „Bruderstaaten“ von „besorgten Bürgern“, die es später vorzogen ungenannt zu bleiben. Ein junger Demonstrant auf dem Prager Wenzelsplatz kommentierte Husaks Weigerung zurückzutreten gestern mit den Worten: „Spätestens am 10. Dezember wird wieder die Straße sprechen.“

Zwei prominente tschechoslowakische Emigranten haben beschlossen, in ihre Heimat zurückzukehren: Zdenek Mlynar, der in den den letzten Jahren in Wien gelebt hat, und der Regisseur Milos Forman („Einer flog über das Kuckucksnest„), der aus den USA in die Stadt an der Moldau zurückkehrt.

Das Bürgerforum hat über seinen Sprecher Jiri Dienstbier bekanntgegeben, daß es in der neuen tschechoslowakischen Regierung nicht vertreten sein wolle. Bei ihren Gesprächen mit dem Ministerpräsidenten Ladislav Adamec habe die Delegation der Opposition lediglich vorgeschlagen, den Posten des Innenministers mit einem unbescholtenen Bürger zu besetzen, der nicht Mitglied der Kommunistischen Partei sein sollte. Das Verteidigungsressort soll nach Auffassung des Bürgerforums hingegen ein integrer Kommunist übernehmen.

Einer der prominentesten Vertreter der Opposition, der Wirtschaftsprofessor Valtr Komarek (59), der vielfach als möglicher Regierungschef oder Minister einer Koalitionsregierung gehandelt wurde, lehnte dies gestern ab. Er nahm erstmals an einer der Pressekonferenzen des oppositionellen Bürgerforums teil. Dabei erklärte er, er habe keine persönliche Ambitionen und wolle den neuen Regierungschef lediglich beraten. Komarek warnte zugleich, das Bürgerforum solle nicht jeden Kompromiß mit der Regierung eingehen. Der harte Flügel der Partei sei jetzt zwar ins Wanken geraten, die politische Infrastruktur der Reformgegner bestehe aber fort und sei zu einer Gegenoffensive fähig.

Nun plant auch die CSSR eine Öffnung ihrer Grenzen zu westlichen Ländern. Wie ein Regierungssprecher am Donnerstag bekanntgab, hat die Regierung den Grenztruppen den Auftrag erteilt, „unverzüglich“ mit dem Abbau der Grenzbefestigungen entlang der Grenze zu Österreich zu beginnen.

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