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'Rude Pravo‘ für Abzug sowjetischer Truppen

■ Die Parteizeitung tritt für eine Neubewertung der Ereignisse von 1968 ein / Wissenschaftler Komarek warnt Bürgerforum vor zu großer Kompromißbereitschaft / Arbeitermilizen werden künftig der Regierung unterstellt

(Berlin afp/ap/taz) - Einen Tag nach der Ankündigung, die Grenzanlagen zu Österreich abzubauen, ist nun auch der Einmarsch des Warschauer Pakts 1968 und die Stationierung sowjetischer Truppen zum Thema in der CSSR geworden. „Das Präsidium der KPC ist der Meinung, die Intervention der fünf Länder 1968 war nicht gerechtfertigt und die Entscheidung falsch“, erklärte das frischgebackene Politbüromitglied Vasil Mahorita am Freitag. Die Partei habe sich zu einer Neubewertung der Ereignisse von 1968 entschlossen. Zu diesem Zweck habe das Parteipräsidium eine Arbeitsgruppe mit der Klärung der Umstände beauftragt, „unter denen die Truppen der fünf sozialistischen Länder ins Land gerufen wurden“, erklärte Mahorita. Einige tschechoslowakische Kommunisten und die Führungen der verbündeten Staaten hätten geglaubt, hieß es gestern auch in der Parteizeitung 'Rude Pravo‘, bei der Bewegung vom Frühling 1968 habe es sich um eine Konterrevolution gehandelt.

Bis heute seien sowjetische Truppen auf tschechoslowakischen Boden stationiert, eine „Folge der militärischen Lösung der Situation in der CSSR im August 1968“. Die tschechoslowakische Seite kenne nicht einmal die Stärke der sowjetischen Truppen im Land und sei auf westliche Quellen angewiesen, die von 80.000 Mann ausgehen, beklagt die Zeitung. Nach der gewaltsamen Beendigung des Prager Frühlings sei nur eine vorübergehende Stationierung sowjetischer Truppen vereinbart worden. Jetzt müßten die politischen Voraussetzungen für den Abzug fremder Truppen geschaffen werden. Unterdessen setzte Ministerpräsident Adamec seine Bemühungen um die Bildung einer Regierung fort, der nach seinen Vorstellungen auch Nichtkommunisten und vor allem Mitglieder des Bürgerforums angehören sollen. Die Führung des Forums jedoch möchte sich nicht verfrüht in die Regierung einbinden lassen, erst im nächsten Jahr könne so ein Schritt erwogen werden. Das Forum schlug für die jetzt anstehende Regierungsumbildung vor, einen der KP angehörenden Zivilisten zum Verteidigungsminister zu ernennen und einen Nichtkommunisten zum Innenminister zu machen, um eine Aufteilung der Macht zu erreichen.

Damit folgte das Bürgerforum einer Empfehlung des Wirtschaftswissenschaftlers Valtr Komarek, der innerhalb der Opposition als Anwärter für das Amt des Regierungschefs gehandelt wird. Komarek warnte die Opposition vor zu großer Kompromißbereitschaft. Das Machtgefüge der Partei sei noch intakt, eingestürzt sei lediglich die Fassade. Auch Milan Vaclavic warnte vor zu vielen Kompromissen: Er richtete seinen Appell allerdings an die Adresse der Regierung. Schon jetzt seien Soldaten und ihre Angehörigen Anfeindungen in der Bevölkerung ausgesetzt, klagte der Minister, wies aber Gerüchte zurück, nach denen sich die Armee in Alarmbereitschaft befinde. Nach den Worten von Vasil Mahorita werden die bisher der Partei unterstellten Arbeitermilizen und bewaffnete Betriebskampfgruppen künftig der Regierung unterstellt.

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