piwik no script img

Sacharow ruft zum Generalsteik auf

■ Bürgerrechtler fordert, daß Führungsrolle der KPdSU aus Verfassung gestrichen wird / Sozial- demokratische Partei Lettlands gegründet/ Eskalation im Kaukasus / Georgier überfallen Osseten

Berlin (afp/taz) - Das Beispiel Prag wirkt nun auch in die Sowjetunion hinein: Andrej Sacharow hat die Bevölkerung der UdSSR zu einem Generalstreik am 11.Dezember mit dem Ziel aufgerufen, die führende Rolle der Kommunistischen Partei aus der Verfassung zu entfernen. Konkret geht es darum, den Verfassungsartikel 6 der sowjetischen Verfassung durch den Volksdeputiertenkongreß, dessen Sitzungsperiode am 12. Dezember beginnt, abstimmen zu lassen. Außerdem sollen die Gesetze zu Boden, Eigentum und Unternehmen auf die Tagesordnung gesetzt werden. In dem Aufruf, der neben Sacharow auch von Jelena Bonner und vier anderen Volksdeputierten unterzeichnet ist, heißt es, die Vertrauenskrise werde sich weiter verschärfen, wenn die führende Rolle der KP nicht gestrichen werde. Die Unterzeichner riefen zur Gründung von Streikkomitees in den Betrieben auf und fordern von den Massenmedien, den Streikaufruf täglich zu verbreiten.

Für die Initiative Sacharows sprechen nicht nur die Parteigründungen an diesem Wochenende, an dem sich in Lettland und auch den anderen baltischen Staaten Sozialdemokratische Parteien (siehe Interview) konstituierten. Die Grünen hatten sich dort schon im Sommer als Partei formiert. Auch in anderen Republiken formieren sich die politischen Käfte außerhalb der KP. Noch versucht die Parteiführung der Entwicklung einen Riegel vorzuschieben. Doch ob Gorbatschows unnachgiebige Haltung selbst bei seinen Genossen noch akzeptiert wird, bleibt fraglich. Die litauische KP hat bislang jedenfalls nicht auf den Parteichef reagiert, der ihren Beschluß, eine von der Moskauer Zentrale unabhängige KP zu gründen, kritisiert hatte.

Armenien fordert Moskau

heraus

Trotz des Beschlusses des Obersten Sowjets, die zwischen Aserbaidschan und Armenien umstrittene autonome Provinz „Berg-Karabach“ bei Aserbaidschan zu belassen, bestehen die Armenier weiterhin auf ihren Forderungen. Der Oberste Sowjet Armeniens proklamierte am Freitag sogar offiziell den Anschluß der Provinz an Armenien. In Aserbaidschan behindern die Behörden daraufhin den freien Zugang zu der Provinz. Auch aus Georgien werden neue Konflikte gemeldet: Nach Aussagen einer Augenzeugin sollen georgische Nationalisten drei ossetische Dörfer überfallen und über 150 Geiseln gefangenhalten.

er

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen