: Das war nun der Gipfel
Bush und Gorbatschow optimistisch / Einige Differenzen bleiben / Dämpfer für Kohl ■ Aus Malta Andreas Zumach
Mit optimistischen Tönen hinsichtlich der Entwicklung der beiderseitigen Beziehungen, jedoch ohne neue Vorschläge und konkrete Vereinbarungen sowie mit deutlichen Differenzen in einigen Fragen endete gestern vor der Küste Maltas der erste Gipfel zwischen den Präsidenten der USA und der UdSSR, Bush und Gorbatschow. Beide Großmachtchefs informieren heute in Brüssel bzw. Warschau ihre Verbündeten über die Gespräche. Auf der ersten gemeinsamen Pressekonferenz eines sowjetischen und eines US-amerikanischen Präsidenten in der Geschichte bezeichneten beide gestern nachmittag an Bord des Hotelschiffs „Maxim Gorki“ ihre als „informell“ eingestuften insgesamt achtstündigen Gespräche als „weitreichend“, „offen“, „direkt“ und „fruchtbar“. Bush sprach von „dramatisch verbesserten Beziehungen“ zwischen den beiden Großmächten seit der ersten Begegnung seines Vorgängers Reagan mit Gorbatschow 1985 in Genf. Gorbatschow äußerte die Hoffnung, daß nach der nun zu Ende gegangenen Epoche des Kalten Krieges „eine lange Periode der Kooperation beginnen werde“. Dazu bedürfe es allerdings „eines neuen Ansatzes und der endgültigen Überwindung einiger für den Kalten Krieg typischen Elemente wie, z.B. des Wettrüstens“.
Konkret vereinbart wurde lediglich ein Termin für das bereits seit längerem geplante formale Gipfeltreffen in Washington: in der zweiten Junihälfte nächsten Jahres. Bis dahin soll - u.a. durch ein noch zu terminierendes, baldiges Treffen der Außenminister Baker und Schewardnadse - versucht werden, die Abkommen über ein Chemiewaffenverbot sowie über die 50prozentige Reduzierung der Interkontinentalraketen (START) unterschriftsreif zu machen. Bush und Gorbatschow bekräftigten die Hoffnung auf den Abschluß eines Vertrages über konventionelle Waffen in Europa bis zum Ende 1990.
Den von Gorbatschow erneut vorgebrachten Wunsch nach Verhandlungen über die Reduzierung von Seestreitkräften lehnte Bush ab. Deutliche Differenzen verbleiben auch in der Frage der Konflikte in Mittelamerika. Zwar erklärte Gorbatschow erneut, die UdSSR habe Waffenlieferungen an die Sandinistas in Nicaragua und die Rebellen in Salvador „eingestellt“, doch bezeichnete Bush das „Andauern dieser Lieferungen offensichtlich via Kuba“ als „weiterhin existierende Belastung“ für die Beziehungen zwischen Washington und Moskau. Der US-Präsident kündigte die Aufhebung von Restriktionen im Handel mit der UdSSR an, falls Moskau die Ausreisegesetze liberalisiere. Außerdem hat die Bush-Administration jetzt zumindest gegen einen Beobachterstatus der UdSSR bei Zoll-und Handelsabkommen (GATT) nichts mehr einzuwenden. Bush reagierte zumindest vor der Presse nicht auf Gorbatschows Vorschlag bei seinem Staatsbesuch in Italien, ein Gipfeltreffen der 35 KSZE -Staaten von 1992 auf 1990 vorzuziehen.
Hinsichtlich der „deutschen Frage“ verwiesen beide Großmachtchefs auf die „im Vertrag von Helsinki 1975 bekräftigten europäischen Nachkriegsgrenzen“. In offensichtlicher Anspielung auf Bun Fortsetzung auf Seite 2
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deskanzler Kohls jüngsten Zehn-Punkte-Plan warnte Gorbatschow, „jegliche künstliche Beschleunigung des geschichtlichen Prozesses“ mache „diesen Prozeß schwieriger“. Bush erklärte, die USA wollten „nichts unternehmen, das unrealistisch ist oder zu militärischen Konflikten“ in Europa führe. Eine der drei geplanten Gesprächsrunden sowie ein gemeinsames Abendessen waren am Samstag ausgefallen, da ein Sturm über Malta den Transport zwischen den Schiffen verhinderte.
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