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"Der Indianer": Leo Lentz

„Ich sehe aus wie ein Indianer“, stellt Leo Lentz lakonisch fest, als es sich nach der ersten Bestrahlung unter der Kobaltbombe im Spiegel betrachtet, und er meint damit die signalroten Linien im Gesicht, mit dem die Felder für die Therapie markiert wurden. Er hat Kehlkopfkrebs. Schließlich muß dieses fürs Sprechen so wichtige Organ ganz entfernt werden. Unter großen Anstrengungen erlernt er die Oesophagus -Sprache mittels der Speiseröhre. Seine Krankengeschichte hat Leo Lentz zu einer autobiographischen Erzählung verarbeitet, die als Grundlage für Rolf Schübels Dokumentarfilm diente. Ebenso lakonisch wie Lentz‘ unsentimentale, präzise beschriebene Prosa zeichnet der Film die „Innenansichten“ einer Krankheit auf: die Hilflosigkeit und Einsamkeit trotz aller Anteilnahme von Freunden, die existenzielle Erfahrung vom Ausgeliefertsein an eine Apparatemedizin und die Seelenlosigkeit der Hospitäler. Leo Lentz konnte noch an der Gestaltung des Films beratend mitwirken. Wenige Wochen vor der Fertigstellung erlag er der Krankheit, an der er neun Jahre gelitten, mit der er aber zu leben gelernt hatte. Schübels Film erhielt mehrere Auszeichnungen, unter anderem den Deutschen Filmpreis 1988, das Filmband in Silber und den Spezialpreis beim Leipziger Dokumentarfilmfestival. Der Indianer, 20.10 Uhr, ZDF

Foto: ZDF

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