: go Margot go
■ Ein Bildungsroman von Dubski und Preiß: 10. Probleme der Mimesis
10. Probleme der Mimesis
Dezember: Häuser wechseln ihren Standort, Straßen verschwinden oder sind falsch beschildert. Wo drei vor einem Schaufenster zufällig zusammenstehen, bilden sich Schlangen. Doch der Einzelhandel läßt sich nicht einschüchtern. Der Einzelhändler sagt: Sie können mich nicht einschüchtern, ich halt mich an die Gewerkschaft. Wenzel geht vorbei. Keine Margot ist hinter ihm, um ihm was zu flüstern. Auf sich gestellt, wird er sein mimetisches Konzept erproben. Taugt es zum Gelderwerb, wird es sich in der Liebe bewähren? In der Berliner Mitte steht einer mit kleinen Schachteln und Kügelchen: Wo ist die Kugel? Tohuwabohu. Eine Oma verliert und ist böse. Wenzel bleibt stehen, Wenzel beobachtet. Wenzel macht mit. Und guckt wie der Spielveranstalter nicht auf den hingestreckten Hundertmarkschein, sondern auf die Schachteln. Und gewinnt. Beim zweiten Mal treffen sich zwei Augenpaare, halten sich fest, das eine entschuldigend, das andere wütend. Und Wenzel wird schließlich, wenn nicht verprügelt, so doch entehrend weggeschubst.
Er geht weiter. Neben ihm ist die Mauer, und an der Mauer zeigen sich Spalten, die durch angestellte Klöppler vergrößert werden. Ein Unternehmer steht da und will Geld mal gucken, ob keiner guckt -, doch Devisen sind nicht das Hauptproblem. Wenzel geht bis in den Wedding. In der Amrumer Straße steht ein Haus. Im vierten Stock sind Menschen und Fotos. Wenzel sieht die Zuckerpuppe aus der Bauchtanzgruppe. Oder er nennt sie zumindest so, um sich von Gefühlen zu distanzieren, die ihn plötzlich bewegen.
Eine erotische Annäherung durch mimetische Angleichung scheitert. Zum ersten Mal trinkt Wenzel, obgleich die anderen nicht trinken. (Wieso er Bier dabei hat, bleibt sein Geheimnis.) Er raucht, obgleich die anderen nicht rauchen. Eine Person, die sich deswegen beschwert - im vierten Stock wird nicht geraucht, geh doch in den zweiten -, nennt er gehässig und im geheimen: liebreizend. Und blickt sie böse an. Freundlich blicken ihre runden Augen zurück.
Wenzel macht sich aus dem Staub. Wenzel schließt die Tür. Wenzel setzt sich an seinen Schreibtisch. Schreibt für sich oder für Margot. In jedem Fall: Die Liebe ist ein Problem, und dieses Problem kann gelöst werden. Und zur Lösung dieses Problems brauchen wir: einen Schreibtisch - das Fundament ein Blatt Papier. Einen Stift zum Schreiben und einen Kopf, der denkt. Einen Tag schaut Wenzel nach innen, einen Nachmittag geht er nach außen. Dann ist er von Büchern umstellt. Am vierten Tag gelingt ein erster Ausbruchversuch. Am fünften Tag ist eine Meinung da, am sechsten eine Broschüre. Die widmet er Margot. Die Broschüre benennt die Formen des Scheiterns sozusagen unmittelbaren erotischen Kontaktes - wenn schon, denn schon lautet die Lösung.
Weiterhin findet sie eine Antwort auf herzlichere Formen liebevoller Zuneigung. Verführungen ohne Lüge werden angestrebt und beschrieben. Und dann? Dann muß die Liebe festgehalten werden... Rote Rosen spielen eine Rolle... Fortsetzung folg
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