: Trabant in Westberliner Orbit verbannt
■ Fahrverbot für Trabis wird vielleicht noch verschärft Schreyer will Ergebnisse von TU-Untersuchung abwarten
Wird der DDR-Trabant demnächst seinem Namen alle Ehre machen und West-Berlin nur noch umkreisen dürfen? Im Hause von Umweltsenatorin Schreyer denkt man jedenfalls darüber nach, die vor einer Woche erlassene „Lex Trabi“ weiter zu verschärfen. Nicht erst bei Smogalarm soll den DDR -Zweitaktern die Einfahrt nach West-Berlin verwehrt werden, sondern bereits in der Smog-Vorwarnstufe, während der westliche Automobile noch ungehindert durch die Straßen brausen dürfen. Allerdings müssen sich zuvor Zahlen über den Schadstoffausstoß der DDR-Mobile bestätigen, über die zur Zeit noch spekuliert wird. Erst in der nächsten Woche wird die TU die endgültigen Ergebnisse von Messungen vorlegen, die sie zur Zeit in Schreyers Auftrag an zwei Wartburgs und zwei Trabanten vornimmt.
Eine verschärfte „Lex Trabi“ hält man in der Umweltverwaltung dann für gerechtfertigt, wenn sich bestätigt, daß den Zweitakter-Auspuffen große Mengen krebserregender Kohlenwasserstoffe entsteigen. Daß diese Öldämpfe, die dem Auspufftopf als bläulicher Rauch entweichen, eine Spezialität der Zweitakter sind, ist bekannt. Von ihnen produziert ein Zweitakter, so schätzt man in der Umweltbehörde, zehnmal mehr als ein westlicher Viertakter. Verglichen mit einem Katalysator-Auto westlicher Bauart seien es sogar 80mal mehr, erklärt Axel Friedrich vom Umweltbundesamt.
Unklar ist allerdings noch, welchen Anteil die besonders gefährlichen polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffe an den Trabi-Fahnen haben. An Zweitaktmotoren westlicher Motorräder, so Friedrich, habe man für diese teils krebserregenden Stoffe Werte gemessen, die 300mal höher liegen als bei einem Auto mit geregeltem Drei-Wege-Katalysator. Allerdings müssen die TU -Fahrzeugtechniker erst noch bestätigen, ob Ähnliches für die DDR-Stinkbomber gilt. Diese Zweitakter-Verordnung soll dann - gerechtigkeitshalber - auch für westliche Motorräder gelten. Allerdings wäre das kaum mehr als ein symbolischer Akt: Im Winter stehen die meisten Zweiräder ohnehin abgemeldet in der Garage.
Ein Hoffnungsfunke für DDR-Automobilisten glimmt in Finnland. Bereits im Frühjahr hatte das finnische Unternehmen Kemira Oy begonnen, einen Katalysator für Zweitakter zu entwickeln. Die Kemira-Tochter Finnkat GmbH in Frankfurt überlegt jetzt, diesen Katalysator auf den bundesdeutschen Markt zu werfen. Glaubt man Finnkat -Prokurist Holger Stickl, dann reduziert dieser Abgasfilter den Zweitakter-Ausstoß von Kohlenwasserstoffen und Kohlenmonoxid um die Hälfte. Voraussetzungen für einen Entgiftungserfolg: Der Trabantfahrer muß ein mageres Öl -Benzin-Gemisch (im Verhältnis 1:50) tanken, das überdies bleifrei zu sein hat. Die Zweitaktmotoren könnten das durchaus verkraften, nur die Raffinerien und Tankstellen in der DDR müßten sich umstellen.
hmt
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen