: Geld her für die Kultur
■ CDU-Fraktion fordert 100 Mio. mehr im Jahr / Sprecher Dr. Schulte hielt Hof
Als letzte der Parteien ist nun auch die CDU, größte der Oppositionsgruppen im Lande, auf den Trichter gekommen, daß Kulturpolitik im Zeitalter der immateriellen Produktion zu einer Zuwachsindustrie wird. Kluge Worte wenden sie im Mund und hantieren mit Erkenntnissen, die einmal den Sozis gehörten, die damit nichts rechtes anzufangen wußten. Bernd Schulte, Dr. und kulturpolitischer Sprecher seiner CDU -Fraktion, proklamierte in einer Pressekonferenz, die ihm seine Fraktion zugestanden hatte, daß der Bremer Kulturetat im Lauf der nächsten zehn Jahre um schlappe 100 Mio. Mark jährlich aufgestockt gehört. Große Zahl,
prima. Klatschen bitte.
Kultur koste nämlich nicht nur, sondern spiele auch ein und außerdem, und das ist der Clou, erhöhe sie die Anziehungskraft einer Stadt für die neuen Mittelschichten und damit für die Umsatzsteueransiedelung. Geld, das man sinnvoll in die Kulturansiedelung investiert, sei, so hat vor Jahren schon der Frankfurter Sozi Hilmar Hoffmann herausgefunden und mit seinem CDU-Chef Wallmann durchexerziert, gut angelegt und rentiert sich.
In Bremen wird, da hat Schulte ganz recht, wenig in die Kultur investiert und wenn, dann nicht sinnvoll. Einmalige Repräsentationsereignisse, wie sie Bremen
in diesem Jahr satt erlebte, befruchten nämlich die kulturelle Ausstrahlung einer Stadt überhaupt nicht, so lange die eigene städtische Kulturlandschaft am Hungertuch nagt. Breiten-und Spitzenkultur seien wechselseitig voneinander abhängig. So schlägt die CDU-Fraktion also vor, den Kulturhaushalt, der bisher nie über 1,6 % des Gesamtetats herauskam, im Lauf der nächsten zehn Jahre auf die 3 %, die der Deutsche Städtetag fordert, aufzustocken.
Die Freie Kulturszene sollte damit aus der Grauzonenfinanzierung durch Lottomittel und ABM-Maßnahmen, die die Kontinuität der Arbeit der Initiativen
abschneidet, herausgenommen werden und mit Hilfe solider Haushaltstitel auf eine verläßliche finanzielle Basis gestellt werden. Alles in Ordnung, unterstützen wir alles.
Genauere Vorstellungen darüber, wo das Geld herkommen soll, ob Umverteilung, ob Mehrverschuldung, gibt es noch nicht, außer, daß nichts ausgeschlossen wird von Schulte. Er feiert die Abkehr seiner Fraktion von der grundsätzlichen Blockade jeglicher Mehrverschuldung, wenn sie denn nützlichen Zwecken wie der Kultur dient. Auch über die Wege der Verteilung des neuen Geldes gibt es noch keine konkreteren Vorstellungen: Schulte denkt an eine Stiftung, die auf jeden Fall staatsfern zu sein hat. Nicht nur in diesem Punkt empfindet er sich näher an der Initiative, die kürzlich verschiedene Bremer Kulturschaffende zusammen mit Helga Trüpel, der kulturpolitischen Sprecherin der Bremer Grünen angestrengt haben, als an der Politik der SPD, die Kultur nur fördert, solange sie sie kontrolliert.
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