: DDR-Staatsbank kann autonome Geldpolitik betreiben
Bern (ap) - Die Staatsbank der DDR hat sich nach Angaben ihres Generaldirektors Wolfgang Krebs in Verhandlungen mit der Regierung einen autonomeren Status gesichert. In einem Interview sagte Krebs, damit werde der Ostberliner Staatsbank eine eigene Geldpolitik ermöglicht. Zunächst werde die Veröffentlichung eines Geschäftsberichts erwogen, in dem sich die Bank auch kritisch zur Wirtschaftspolitik der Regierung äußern werde.
Eine Konvertibilität der Ostmark, das heißt ihre Einführung in den internationalen Devisenhandel, werde frühestens in fünf Jahren in Sichtweite rücken. Solange werde es dauern, bis die erforderliche wirtschaftliche Modernisierung in der DDR ohne Senkung des Lebensstandards erreicht werden könne. Forderungen nach einer Abwertung oder einer umfassenden Währungsreform werden von der Staatsbank für abenteuerlich gehalten, da sie das internationale Vertrauen untergraben könnten.
Die Netto-Auslandsschuld der DDR von rund zehn Milliarden Dollar bezeichnete Krebs als „nicht dramatisch, aber ernst“. Einen sicheren Devisenzufluß bei solidem Schuldendienst halte die Staatsbank für durchaus realistisch, sofern das Land mit spezialisierten Exporten den Anschluß an die internationale Arbeitsteilung schaffe.
Es müßten jetzt „Tabus der Vergangenheit“ wegfallen wie das bisherige Verbot von Joint-ventures und Leasing-Geschäften. Selbst die Zulassung einer Wertpapierbörse werde langfristig nicht ausgeschlossen. Ost-Berlin wolle „zwar kein zweites Frankfurt werden“, könne sich aber in der Zukunft durchaus zu einer Finanzdrehscheibe entwickeln, meinte Krebs. Bereits jetzt hätten Geschäftsbanken aus Italien, Frankreich und Österreich Niederlassungen in Ost-Berlin eröffnet.
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