: Giftmüllverbrennung auf Nordsee zu Ende
■ Minister Töpfer in Sorge - was wird nun aus den gefährlichen Abfällen? / Greenpeace zu Töpfers Reaktion: Bankrotterklärung
Hannover (taz) - Nicht aus umweltpolitischen, sondern aus betriebswirtschaftlichen Gründen wird jetzt die Verbrennung von bundesdeutschem Giftmüll auf der Nordsee endgültig eingestellt. Die „Gesellschaft für Verbrennung auf See“ (GVS) will die seit zwei Monaten gestoppte Hohe-See -Verbrennung nicht wieder aufnehmen, da bei der jährlich noch zugelassenen Menge von 10.000 Tonnen Giftmüll ein weiterer Betrieb ihres Verbrennungsschiffes „Vesta“ nicht mehr wirtschaftlich ist. Eine Gesellschafterversammlung der GVS hat sich bereits am Donnerstag auf die Einstellung der Giftmüllverbrennung geeinigt, der GVS-Aufsichtsrat will den Beschluß am Montag absegnen.
Auf die Entscheidung der GVS, mit der wieder einmal eine Betreibergesellschaft der Umweltpolitik den Rang abgelaufen hat, reagierte Umweltminister Töpfer mit der Besorgnis, daß „jetzt ein geordneter Ausstieg aus der Seeverbrennung unmöglich werden könnte“. Töpfer befürchtet, daß die Abfallerzeuger nun nach gesetzwidrigen und ökologisch unverwertbaren Entsorgungswegen für die FCKW-haltigen flüssigen Anfälle suchen könnten. Anders als etwa seit Jahren das Bundesumweltamt, hatte noch vor zwei Wochen eine Konferenz der Umweltminister von vier Ländern und des Bundes eine weitere Verbrennung von 10.000 Tonnen Giftmüll auf See als „unbedingt erforderlich“ angesehen.
Ein Sprecher der Umweltorganisation Greenpeace, die seit 1983 gegen die Giftmüllschiffe auf der Nordsee kämpft, sah dagegen gestern in der Entscheidung der GVS einen höchst erfreulichen Erfolg. Wenn der Bundesumweltminister jetzt die Einstellung der Verbrennung mit den Hinweis auf graue oder schwarze Entsorgungskanäle kritisiere, so sei das eine Bankrotterklärung der eigenen Entsorgungspolitik, sagte Greenpeace-Sprecher Karsten Redlich. Schließlich seien die Umweltministerien selbst für die Überwachung der Giftmüllproduzenten verantwortlich und hätten auch die dafür notwendigen rechtlichen Instrumente.
Jürgen Voges
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