: Homunculi sind gottlos
Menschenzüchtung in der Fortpflanzungsmedizin mit Mehrheit im Bundestag abgelehnt / CDU will dem Schöpfer nicht ins Handwerk pfuschen / Grüne monieren Schlupflöcher im Gesetzentwurf ■ Aus Bonn Gerd Nowakowski
Daß ein Mißbrauch der Fortpflanzungsmedizin verhindert werden müsse, darüber waren sich gestern alle Parteien im Bundestag einig. Doch beim „Wie“ gingen die Meinungen bei der ersten Beratung zweier von Bundesregierung und SPD vorgelegter Entwürfe für ein Embryonenschutzgesetz erheblich auseinander.
Während die Grünen ein generelles Verbot fordern, möchte Justizminister Engelhardt (FDP) die seiner Meinung nach noch unüberschaubaren Gefahren von Fortpflanzungsmedizin und Gentechnik durch das strafbewehrte Verbot eines Gentransfers in menschliche Keimbahnenzellen bannen. Gesetzlich untersagen möchte Engelhardt auch die gezielte Geschlechtswahl, die Leihmütterschaft, die Erzeugung genetisch identischer Menschen und die Erzeugung menschlicher Embryonen zu Forschungszwecken.
Die CDU will aus ethischen Gründen verhindern, daß man „vielleicht sogar Gott ins Handwerk pfuschen“ könne. Die SPD erklärte sich mit dem Regierungsentwurf weitgehend einig, wirft der Bundesregierung jedoch vor, sie nutze nicht alle Reglementierungsinstrumentarien.
Die SPD-Abgeordnete Herta Däubler-Gemlin betonte, die SPD wolle die wenigen positiven Aspekte erhalten und die „gigantischen“ Mißbrauchsmöglichkeiten verhindern. Sie bemängelte, daß der Regierungsentwurf keine Regelungen für die künstliche Befruchtung einer Eizelle mit dem Samen nicht des Mannes, sonders eines fremden Spenders enthalte. Ungeklärt bleibe auch die künstliche Mutterschaft bei alleinstehenden oder lesbischen Frauen. Der Entwurf der SPD befürwortet dagegen eine künstliche Befruchtung auch bei einer „auf Dauer angelegten Partnerschaft“. Wegen der faktischen Gleichstellung von Ehe und trauscheinlosen Partnerschaften lehnt die CDU solche Regelungen ab.
Für die grüne Abgeordnete Marie-Luise Schmidt ist die Regierungsvorlage „ein symbolisches Gesetz“. Es gebe vor, ungewollt kinderlosen Paaren zu helfen, und schaffe in Wirklichkeit „die rechtlichen Voraussetzungen für die Manipulation am menschlichen Erbgut“. Das Gesetz stoppe nur die „schlimmsten Auswüchse“, lasse aber „genügend Schlupflöcher für Forscherdrang, Eugenik und Selektion“.
Frau Schmidt warf der Regierung und der SPD vor, den Kinderwunsch unkritisch zu propagieren, und rief die Frauen dazu auf, sich für solcherlei Versuche nicht zur Verfügung zu stellen.
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