: Verseuchtes Grundwasser und zögerlicher Minister
■ Die Kesselreinigungsfirma RBS verseucht weiter die Gemeinde Weye / Arzt schlägt Alarm / Behindertenwerkstatt wird nicht gebaut
Die Auseinandersetzungen der Kirchweyer BürgerInnen gegen das dort ansässige Kesselreinigungsunternehmen RBS spitzen sich weiter zu. Der Weyer Allgemeinmediziner Hans-Jörg Norden ist mit besorgniserregenden Befunden aus seiner Praxixtätigkeit an die Öffentlichkeit gegangen. Seine PatientInnen, so der Arzt zur taz, litten überdurchschnittlich oft an Erkrankungen der Atemwege, Husten, Brechreiz, Kreislaufbeschwerden und Übelkeit. „Ich habe dann die Auswirkungen der Reinigungsstoffe auf die menschliche Gesundheit überprüft: Die RBS setzt weiterhin hochgradig giftige und krebserregende Substanzen frei.“ Die
These des Arztes, daß diese Erkrankungen mit den Emmisionen der RBS zusammenhängen, verdichtet sich. Norden bekommt Bestätigungen von drei weiteren Ärzten aus der Region.
Als erste Konsequenz aus den verschiedenen Gutachten zur Kontamination des umliegenden Geländes, der Luft und des Grundwassers hat letzte Woche der Verwaltungsrat der Behinderteneinrichtung „Delmewerkstatt“ in Bassum den Bau einer Behindertenwerkstatt in unmittelbarer Nähe der RBS zurückgezogen und die Gemeinde beauftragt, ein anderes Grundstück für den Neubau zur Verfügung zu stellen. Das Öko -Instituts in
Darmstadt hatte nämlich festgestellt, daß die bei der Reinigung der Kesselwaggongs frei werdenden Gase sich zu explosiven Wolken mischen könnten. Dadurch sei „das nächstgelegene Wohngebiet und der öffentliche Verkehrsraum gefährdet“, heißt es in dem Gutachten.
Die Bürgerinitiative „Giftfreies, Sauberes Weye“ rennt schon seit Jahren gegen die RBS Giftschleuder an. Wenn es nach der BI geht, könnte die Firma sofort zumachen. Doch die besorgten Einwohner beißen sich an der Firma und am niedersächsischen Umweltminister noch die Zähne aus. Der Umweltminister hatte der RBS nämlich bauliche Verän
derungen aufgedrückt, um die Schadsztoffausstöße zu mindern. Eine Reinigungshalle sollte die Dämpfe der zur Zeit noch im freien gesäuberten Waggons auffangen, eine Verbrennungsanlage sollte die Gifte in die unkontrollierbaren Höhen der Luft verpusten. „Baumaßnahmen, die jetzt vollzogen werden, verhindern auf lange Sicht die Sanierung des verseuchten Grundwassers und des Bodens“, befürchtet dagegen BI-Mitglied Heiko Fryen. Entgegen allen Warnungen vor der Gefährlichkeit der verwendeten Stoffe wolle die RBS ihre Kapazität von zur Zeit 3.000 auf 6.000 zu reinigende Waggons erhöhen. Die Mehrbelastungen
wollen die WeyerInnen jedoch nicht weiter hinnehmen. Die Gemeinde verweigert bislang der RBS die entsprechenden Genehmigungen und bekommt dafür jetzt vom Minister den schwarzen Peter zugeschoben. Die Verantwortung für die Verzögerung der Bauausführungen, so heißt es in einer Erklärung aus Hannover, trage die Gemeinde Weye.
Daß die jetzt in ihrer Haltung weich werden könnte, hat die BI zu einer neuen Offensive veranlaßt. 2.500 Unterschriften (bei insgesamt 7.000 unmittelbat betroffenen EinwohnerInnen) haben die BürgerInnen bereits gegen die RBS-Verbrennungsan lage gesammelt. „Auf der Anhö
rung im Frühsommer konnten uns die Experten noch nicht einmal sagen, was da verbrannt werden sollte“, erinnert sich Fryen an das Genehmigungsverfahren. Das hier ein mächtiger Gegner gegen die Gemeinde zu Feld zieht, ist den WeyerInnen bekannt: „Die RBS reinigt in erster Linie für die Vereinigte Tankwagen Gesellschaft. Das ist eine Tochterfirma der Preussag. Die wiederum ist beteiligt an der Niedersächsischen Gesellschaft für Sondermüllverwertung, dessen Aufsichtsratsmitglied der niedersächsische Umweltminister ist,“ erklärt sich Fryen die Untätigkeit des Umweltministers. Markus Daschne
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