: Keiner haut so schön wie wir
■ Engländer rettet Deutschlands Ehre gegen japanische Konkurrenz
Steve Wright (rechts) bei der Arbeit „Japaner alle machen“ Foto: Klaus Schloesser
In Japan - das müssen selbst stramm deutschtümelnde und wiedervereinigungseuphorische Hurrapatrioten neidlos zugestehen - werden inzwischen die besseren Fotoapparate gebaut. Selbst in den guten Stuben überzeugter Deutschnationaler stammen Hifi-Turm und Videorekorder längst aus dem Reich der aufgehenden Sonne. Macht seit letzten Freitag aber fast gar nichts mehr. Denn eins muß uns der Neid trotz allem lassen: Auf der ganzen Welt haut niemand andere Leute so überzeugend auf die Fresse wie wir. Im Catchen bleibt Europa Spitze, und wer was anderes behauptet, kriegt solange was auf die Nuß, bis er eines besseren belehrt ist.
Nach 46minütiger Keilerei der absoluten Spitzenklasse tat der gebürtige Engländer, Wahlnürnberger und Bremer Publikumsliebling Steve Wright in der Bremer Stadthalle endlich, was 3.000 Bremer Fans von ihm 11 Runden zuvor vergebens verlangt hatten: Mit einem gekonnten Hüftwurf wirbelte er 98,5 Kilo glattes, feist-festes japanisches Männerfleisch durch die Luft zwischen den Ringseilen und fixierte die Schulterpartien solange auf dem Ringboden, bis ein livrierter Funktionär, der bis drei zählen konnte, seines Amtes gewaltete hatte. Neuer und alter Mittelgewichts -Catchweltmeister: Steve Wright .
Noch einmal, wird man sagen müssen. Denn Hiro Saito, sorgte vermutlich für die anstrengendste Viertelstunde im weltmeisterlichen Leben des Bremer Catch-Idols. 11 Runden lang war der japanische Meister durch keinen „Kreuzbrecher“, keinen Würgegriff, keine anatomisch noch so unglückliche Verdrehung seiner Hand-und Fußgelenke und schon gar nicht durch die Buhrufe des Publikums zur Aufgabe zu bewegen gewesen. Im Gegenteil: Wie ein Berseker prügelte der Japaner gleich in der ersten Runde mit erlaubten und unerlaubten (ja, auch die gibts beim Catchen) Schlägen gleich in der ersten Runde auf seinen Kontrahenten ein, expedierte die 99 Kilo „flugs“ ins Publikum, wo sich der weltmeisterliche Charakterglatzkopf plötzlich einer für Normalsterbliche vermütlich höchst ungesunden Konfrontation mit dem Hartholz der Pressetische ausgesetzt sah. Klatschnaß hochrot wankte der Weltmeister nach der zweiten Runde in seine Ecke. Selbst unverbrüchliche Optimisten beschlichen sechs weitere Kampfminuten später ernste Zweifel an Kondition und Nehmerfähigkeiten des Weltmeisters. Nur noch mit Hilfe seiner Sekundanten erreichte Wright den rettenden Spucknapf in der Ringecke.
War das nur Show gewesen, Einschläferungstaktik? Plötzlich war der Engländer wieder voll da, flog waagerecht und senkrecht durch die Luft, rammte dem Japaner seine Ringerstiefel ins Gesicht, entzog ihm durch geschickte Hebel Stand- und Spielbeine. Bis er schließlich dalag zur japanischen Nationalschande und deutschen Ehrenrettung.
K.S.
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