: Senator Franke will nicht mehr
■ Fraktion und Partei „wie vom Donner gerührt“ / Spekulationen um „große Senatsumbildung“ blühen
Bildungssenator Horst-Werner Franke will nicht mehr. Völlig überraschend selbst für Parteivorstand und Bürgerschaftsfraktion ließ Franke nach 14jähriger Amtszeit am Samstag durch Senatssprecher Reinhold Ostendorf seinen Rücktritt bekanntgeben. Offizielle Begründung für Frankes Rücktritt, der mit Bürgermeister Wedemeier angeblich schon seit längerem vereinbart war: Franke fühlt sich gesundheitlich nicht mehr fit.
Mit der Bekanntgabe seiner Pläne, das neue Jahrzehnt als
„freier Privatmann“ beginnen zu wollen, hatte Franke eigentlich bis kurz vor Weihnachten warten wollen. Ursache für die den „Rubbel-die-Katz-Rücktritt über Nacht“ (so gestern die völlig überraschte SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Ilse Lakmann): Am Samstag hatte der Weser-Kurier ausführliche Mutmaßungen über eine erneut bevorstehende Senatsumbildung angestellt. Franke, den die WK-Gerüchte in seinem Wochenendhaus bei Nienburg erreichten, sah danach keinen Grund mehr, den geplan
ten Rücktritt zu dementieren. Nachdem Franke mit Wedemeier telefoniert hatte, wurde der Senatssprecher beauftragt, FrankesRücktritt zu bestätigen.
Mitglieder der SPD-Fraktion zeigten sich gestern „wie vom Donner gerührt“ oder „als sei ihnen ein Stein auf den Kopf gefallen“. Selbst die Parteivorsitzende Ilse Janz hatte erst aus der Zeitung vom Franke-Rücktritt erfahren. Nach bisherigeer Sprachregelung sollte die laufende Legislaturperiode zwar Frankes letzte sein, das aber bis zu ihrem Ende.
Entsprechend hoch kocht seit gestern die Partei -Gerüchteküche über weitere Franke-Motive. Zwei Varianten werden gehandelt: Nach der einen zieht Franke auch die Konsequenzen aus Musikfest-Frust und seinen bislang erfolglosen Versuchen, bei Senat und Fraktion mehr Geld für Kultur lockerzumachen. Bei den Senats-Haushaltberatungen hatte Franke statt der geforderten zusätzlichen Mittel mit Mühe Kürzungen verhindern können. In den Haushaltsbeschlüssen der Fraktion findet sich kein einziger Satz zur Bremer Kulturförderung. Immerhin hatte Franke in der Vergangenheit mehrfach seinen Rücktritt angekündigt, falls der Kulturetat nicht mindestens verdoppelt werde.
Laut Variante zwei macht Franke mit seinem Rücktritt den Weg frei für eine in Teilen von Senat und Fraktion längst für überfällig gehaltene Neuauflage der Senats -Umbildungsdebatte. Insbesondere angesichts der Arbeit von Bausenator Konrad Kunick mehrten sich die Stimmen der Unzufriedenen. Der Amtsinhaber selbst demonstrierte ostentative Lustlosigkeit an seinem Job. Allerdings: Nur einem maulenden Konrad Kunick zu Liebe hätte die Partei kaum ein Jahr nach dem definitiven Parteitags-Beschluß „10 Senatoren und keinen mehr“ einer Senatsvergrößerung zugestimmt. Frankes Rücktritt zwingt der Partei die ungewollte Debatte jetzt auf und damit auch die Möglichkeit, die versäumte „große
Lösung“ nachzuholen.
Auf dem fälligen Personalkarussel sitzen jetzt gleich ein halbes Dutzend Genossen: Als NachfolgerInnen Frankes wird an erster Stelle Gesundheitssenatorin Vera Rüdiger gehandelt, die sich bereits in Hessen um Wissenschaft und Kunst gekümmert hat. Im Gespräch ist auch die SPD -Bildungsdeputierte Marlis Grotheer-Hüneke. Für Vera Rüdiger könnten entweder die Bremer-Norder (seit Bernd Meyers Rücktritt ohne Senatsvertreter) die Abgeordnete Sabine Uhl ins Senatssessel-Rennen schicken oder die Ost -Sozialdemokraten die Sprecherin der Gesundheitsdeputation Barbara Noack.
Bei einer „großen Lösung“ sitzt als Kunick-VorVorgänger und jetzt möglicher Nachfolger Bernd Meyer in den Startlöchern, was möglicherweise den SPD-Fraktionsvorsitzenden Dittbrenner dazu bewegen könnte, seine Ansprüche anzumelden: Denn bei einem Meyer-Come-back wäre der Bausenatorensessel mutmaßlich für lange Jahre für Drittbrenner blockiert. Besonders kühne Spekulanten sehen schließlich bereits Hennig Scherf in Bonn, Sabine Uhl als seine Sozial-Nachfolgerin, Vera Rüdiger im Bildungsressort und Barbara Noack im Gesundheitsressort. Der SPD-Landesvorstand tagt in der nächsten Woche. Wenn es nach der Landsvorsitzenden Ilse Janz geht, bleibt - bis auf die Franke-Nachfolge-Regelung - erstmal alles wie es ist.
K.S.
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