: Bergers Adler im steilen Höhenflug
■ Die Frankfurter Eintracht ist seit acht Spielen ohne Niederlage, und vor dem 2:0-Sieg gegen Düsseldorf bekommt auch der von den Fans unterstützte Trainer Jörg Berger seinen geforderten Zweijahresvertrag
Waldstadion (taz) - Erfolgstrainer Jörg Berger lag vor dem Spiel seiner Eintracht gegen den Aufsteiger aus Düsseldorf mit seiner Prognose wieder einmal richtig: Die Fortuna könne im Waldstadion unbelastet und offensiv aufspielen, da sie beim erklärten Favoriten Frankfurt nichts zu verlieren habe. Und die Fortuna aus Rauland spielte tatsächlich so „unbelastet und offensiv“ auf, daß die Eintracht vor allem in der ersten Halbzeit arg unter Druck geriet. Wie beißwütige Terrier umsprangen da meist zwei Deckungsspieler der Fortuna den coolen Uwe Bein und rissen so das Paradestück der Eintracht - die Mittelfeldachse mit Bein, Falkenmayer und diesmal Sievers - auseinander.
Ohne deren gewohnte Traumpässe rannte sich Goalgetter Jörn Anderson (9 Saisontreffer) glück- und torlos die Zunge aus dem Hals. Dazu kam noch, daß des Norwegers Stürmerkollege Dieter Eckstein an diesem kalten Dezembertag ein Totalausfall war. Folgerichtig wurde er vom geduldigen Trainer Mitte der zweiten Spielhälfte gegen den flinken „Turo“ Turowski ausgetauscht - und vom Publikum mit einem Pfeifkonzert in die Kabine verabschiedet.
Die Fortuna aus Düsseldorf jedenfalls machte das Spiel. Vor allem Uwe Fuchs dribbelte sich wiederholt in den Strafraum der Eintracht, auch Sven Backhaus schoß aus allen möglichen und unmöglichen Lagen auf das Tor von Uli Stein, der vor Spielbeginn als „Spieler des Monats November“ ausgezeichnet wurde. „Uli für Deutschland!“ skandierten die mainischen Tifosi. Der Präsident überreichte Rosen für den Staatskeeper, an dem Beckenbauer angeblich nicht mehr vorbeikomme - so jedenfalls der Stadionsprecher.
Auf dem Rasen zog jedoch noch bis zur Halbzeit der Tschechoslowake Petr Rada die Fäden für das gefällige Angriffsspiel der Düsseldorfer. Weder Binz noch Klein oder Falkenmayer gelang es, die Kreise des Düsseldorfers ernstlich zu stören. Die Eintracht präsentierte sich im letzten Heimspiel vor der Winterpause ihren 20.000 Fans schlicht zu lauf- und zu denkfaul - zumindest in der ersten Spielhälfte.
Daß die Fortunen in ihrer besten Phase dennoch nicht zu einem Torerfolg kamen, lag nicht nur daran, daß sie all ihre Chancen kläglich versiebten. Nach einer Weile hatte sich die Eintracht längst auf die „Linkslastigkeit“ des rheinischen Hektikersturms eingestellt, denn auf dem rechten Flügel blieb der zungenflinke „offensive Verteidiger“ Anthony Baffoe, der vor Monatsfrist noch Moderator Heller im „Aktuellen Sportstudio“ zum Statisten degradierte, mehr als farblos.
Der auf einem von der Klebstofffirma „Pattex“ gestifteten Regiesessel auf der Tartanbahn thronende Fortuna-Trainer Alexander Ristic nahm seinen „Liebling“ denn auch bald vom Feld. Für den Mann aus Ghana schlüpfte Michael Kimmel in das schneeweiße Unschuldsleibchen der Düsseldorfer - doch auch der blieb blaß bis zum Abpfiff.
Nach der Pause, in der bei den VIPs unter der Pressetribüne der heiße „Ebbelwoi“ in Strömen floß, kamen die rot -schwarzen Frankfurter mit Biß und mit dem Abiturienten Thomas Lasser aus den Katakomben zurück. Mit einem sehenswerten Heber narrte Uwe Bein dann Torhüter Schmadke und es stand 1:0; ganze zehn Minuten Fußballzauber genügten, um die Fortuna zu entzaubern.
Nur sieben Minuten nach dem Führungstreffer schnappte sich Turowski im Mittelfeld nach einem weiten Abschlag von Stein den Ball und schleppte ihn in einem begeisternden Solo bis vor das Fortunentor. Dort kam „Turo“ dann ins Straucheln, doch Falkenmayer stand goldrichtig und spitzelte den Ball zum 2:0 ins Netz. Die Düsseldorfer waren geplättet, auch wenn Rada noch eine gute Chance hatte, aber an Uli Stein scheiterte.
Wenn auf der anderen Seite Turowskis wuchtiger Kopfstoß in Schmadkes Tor gegangen und Andersons Lattenknaller ein Torknaller gewesen wäre, dann... ja dann wäre die Frankfurter Eintracht heute der neue Tabellenführer der Bundesliga. Doch der 2. Platz in der Eliteliga des bundesdeutschen Fußballs - punktgleich mit den führenden Bayern - ist auch nicht so schlecht für eine Mannschaft, die um ein Haar in Unterhaching oder Meppen hätte antreten müssen.
Bei acht Spielen ohne Niederlage für die Eintracht, bei 27 handfesten Punkten und einer makellosen Trefferquote wurde selbst Vizepräsident Bernd („Holz“) Hölzenbein weich wie Butter: Jörg Berger bekam seinen Zweijahresvertrag - und die Spieler dürfen zum Winterurlaub in den sonnigen Süden.
Klaus-Peter Klingelschmitt
Frankfurt: Stein - Binz - Körbel, Roth - Klein (46. Lasser), Sievers, Falkenmayer, Bein, Studer - Andersen, Eckstein (77. Turowski)
Düsseldorf: Schmadtke - Loose (59. Preez) - Kaiser, Werner Baffoe (65. Kimmel), Schütz, Büskens, Backhaus, Rada, Krümpelmann - Fuchs
Tore: 1:0 Bein (48.), 2:0 Falkenmayer (82.)
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