: Senatorin Schreyer soll den Müllnotstand ausrufen
■ Streit zwischen AL-Fraktion und AL-Senatorin um DDR-Müllkippen in Vorketzin und Schöneiche / AL will Giftmülltransporte stoppen / Schreyer für Abwarten
Streit zwischen der AL-Fraktion und AL-Umweltsenatorin Schreyer haben taz-Berichte ausgelöst, wonach die Deponien in Vorketzin und Schöneiche bereits die Trinkwasserversorgung der umliegenden Gemeinden bedrohen. Der AL-Abgeordnete Hartwig Berger forderte die Senatorin gestern auf, den Transport wassergefährdender Abfälle nach Vorketzin „umgehend“ zu stoppen, den „Giftmüll-Notstand“ auszurufen und dabei auch die „vorübergehende Schließung von Betrieben“ zu erwägen. Schreyer-Sprecher Thomas Rogalla tat diese Forderung dagegen als „sehr plakativ“ ab. Zum Export von Haus- und Sondermüll in die DDR gebe es vorerst „keine Alternative“.
Die Stadt sei natürlich „moralisch in der Verpflichtung“, sich an den Sanierungskosten in Schöneiche und Vorketzin zu beteiligen, räumte Rogalla ein. In der Umweltverwaltung will man jedoch erst genau wissen, welche Grundwasserschäden in Vorketzin und Schöneiche von den Westmüll-Deponien herrühren. Sowohl in Schöneiche als auch in Vorketzin stehen diese Deponien nämlich neben alten Kippen aus den zwanziger Jahren, die bis heute von der DDR genutzt werden. Über eine gemeinsame Sanierung will Schreyer deshalb erst dann reden, wenn genauere Untersuchungen vorliegen. Zwei Gutachten hat der VEB Deponie Potsdam bereits bei der TU Dresden bestellt. Am Freitag habe DDR-Umweltminister Reichelt zugesagt, daß auch westliche Experten beteiligt werden, sagte Rogalla. Die Umweltsenatorin setzt außerdem auf den Bau neuer Deponien, die nach den Worten ihres Referenten Schwilling nun „mit Hochdruck“ geplant werden müßten.
Ähnlich äußerte sich gestern BSR-Chef Georg Fischer. Die DDR habe die Standorte der Westmüll-Deponien gewählt, sie gebaut und bisher stets erklärt, es sei „alles in Ordnung“, kritisierte Fischer gegenüber der taz. Wenn der Senat über neue Entsorgungsmöglichkeiten für den Westberliner Müll nachdenkt, stellt sich für den BSR-Direktor erneut die Frage, ob nicht eine weitere Hausmüllverbrennungsanlage gebaut werden müßte. Nach Fischers Ansicht ist es „keine vernünftige Alternative zu deponieren, statt zu verbrennen“.
Diese Idee lehnte der AL-Abgeordnete Berger gestern ebenso ab wie die Gedankenspiele der Umweltsenatorin, zusammen mit der DDR eine weitere Sondermüllverbrennungsanlage zu bauen. „Jeder Bau solcher Anlagen verlagert nur die Umweltgefahren“, erklärte Berger. West-Berlin, so Berger weiter, müsse nun die „finanzielle Hauptlast“ der Deponiensanierung in Schöneiche und Vorketzin tragen. Berger kritisierte, daß die Bewohner von Ketzin, Schöneiche, Kallinchen und Gallun nun die verfehlte Abfallpolitik „ausbaden“ müssen.
hmt
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