piwik no script img

AUSGEPLÜNDERT

■ Rücklagen von Abgeschobenen konfisziert

Am 30.September 1989, 12.45 Uhr, erfolgte nach mehrjähriger Haft in der Justizvollzugsanstalt Schwalmstadt, die Abschiebung des pakistanischen Staatsbürgers Mohammet Akram auf dem Rhein-Main-Flughafen in Frankfurt durch deutsche Behörden.

Herr Akram verbüßte hier eine mehrjährige Freiheitsstrafe. Er ging als Gefangener seiner ihm auferlegten Arbeitspflicht nach. 95 Prozent seines Arbeitslohnes kassiert der deutsche Staat, fünf Prozent verbleiben dem Gefangenen, woraus unter anderem seine Rücklage für die Zeit nach der Haftentlassung anzusparen ist (§ 51 StVollzG). Dieses Geld ist grundsätzlich und in jedem Fall unpfändbar.

Angeblich aus diesem Grund verweigert die JVA Schwalmstadt den hier inhaftierten Ausländern, Geldbeträge aus dieser Rücklage an hungernde Angehörige zu schicken, obwohl ihnen deren Notlage bekannt ist.

Zwischenzeitlich ging ein Brief des abgeschobenen Pakistani, Herrn Akram, an frühere Mitgefangene ein, in dem er die hier angeführten Vorgänge detailliert schildert, unter anderem sinngemäß: Sein Überbrückungsgeld haben ihm die Beamten in Frankfurt, die ihn ins Flugzeug brachten, bis zum letzten Pfennig abgenommen.

Daß diese Menschen von den abschiebenden deutschen Behörden restlos ausgeplündert werden, ist hier seit langem bekannt. Doch bisher fehlten die Beweise, einschließlich der Tatsache, daß diesen Menschen nicht einmal die Beträge belassen werden, um an ihre oft hunderte Kilometer von der Hauptstadt entfernten Heimatorte zu gelangen.

Da die Entlassungsgeldbeträge (Rücklagen) seitens der JVA nachprüfbar verbucht sind, diese Beträge nicht an die abzuschiebende Person, sondern an Behördenvertreter übertragen werden, und für die „Abschiebekosten“ „Pfändungsverfügungen“ Verwendung finden, läßt sich der hier geschilderte Vorgang lückenlos nachprüfen, einschließlich der Tatsache, daß diese skrupellose Praxis schon längere Zeit wie hier geschildert durchgezogen wird.

(...) Die Vorgänge, wie hier die Ärmsten der Armen unter Mißachtung geltenden Rechts von deutschen Behörden und Beamten ausgeplündert werden, ist nicht hinnehmbar und bedarf der Aufklärung und sofortigen Abstellung.

R.M., JVA Schwalmstadt

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen