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Vier Mächte wachen über Deutschland

■ Botschaftertreffen der Alliierten in Berlin / „Konstruktive Atmosphäre“, aber keine konkreten Ergebnisse / Stabilität in Europa beliebtes Schlagwort / Gleichzeitig vereinigen sich West- und Ost-CDUler in der Mauerstadt / SPD will Konföderation statt Wiedervereinigung

Berlin (afp/dpa/taz) - Alle reden über Deutschland: Während sich die vier Siegermächte gestern nach 18jähriger Unterbrechung erstmals wieder an einen Tisch setzten, bastelten CDU und SPD an ihren deutschlandpolitischen Entwürfen.

Zweieinhalb Stunden berieten sich die Botschafter von USA, Großbritannien, Frankreich und der Sowjetunion in „geschäftsmäßiger und konstruktiver Atmosphäre“ im Alliierten Kontrollratsgebäude in West-Berlin. In einer knapp 20zeiligen gemeinsamen Presseerkärung teilten sie anschließend mit, die USA, Großbritannien und Frankreich hätten ihre „Berlin-Initiative“ erläutert; die Sowjetunion habe daran Interesse bekundet. Alle Beteiligten seien sich über die Bedeutung von „Stabilität“ einig und vertrauten darauf, daß die vier Alliierten dazu auf der Grundlage des Berlin-Abkommens von 1971 beitragen könnten. Weitere Gespräche auf „angemessener Ebene“ seien „möglich“.

Über die Einschätzung der Entwicklung in der DDR und der verschiedenen Vorstellungen für eine deutsche Konföderation durch die Botschafter drang gestern nichts nach draußen. Es wurde nur mitgeteilt, der sowjetische Botschafter Kotschemassow habe „einige allgemeine Bemerkungen“ gemacht.

Konkreter äußerte sich der stellvertretende Leiter der Informationsabteilung des Außenministeriums der UdSSR, Juri Granitskich, gestern in einem Interview mit der taz. Wenn die „feine Balance“ der Stabilität und Sicherheit in Europa gestört würde, schlüge das auch auf die Reformbewegung in der DDR zurück, warnte er. Außerdem sprach sich Granitskich gegen eine direkte Beteiligung der Berliner Bevölkerung an der Bundestagswahl 1990 und gegen das volle Stimmrecht der Berliner Abgeordneten im Bundestag.

Die Viermächtekonferenz war angesetzt worden, nachdem sich am vergangenen Freitag die Sowjetunion überraschend bereiterklärt hatte, mit Frankreich, Großbritannien und den USA die „Berlin-Initiative“ von 1987 des Ex-US-Präsidenten Ronald Reagan zu diskutieren. Die Initiative enthält u.a. Vorschläge zum Ausbau Berlins zu einem Luftverkehrsknotenpunkt.

Parallel zu den Alliierten tagte auch der sogenannte Kleine Parteitag der CDU in Berlin. In einer Erklärung zur Deutschlandpolitik bekannte sich die CDU zu einer Wiedervereinigung im Rahmen eines gesamteuropäischen Prozesses auf der Basis des von Kohl vorgegebenen Zehn -Punkte-Plans.

Ungeachtet der Kritik aus den europäischen Hauptstädten, den USA und Moskau unterstützten nicht nur sämtliche Redner der CDU (West)'sondern auch die Gäste aus der CDU (Ost) Kohls Vorhaben einer Föderation mit dem Ziel einer bundesstaatlichen Ordnung. Angesichts der Zustimmung aus dem Osten gerieten die West-CDUler geradezu in einen deutschlandpolitischen Taumel, der immer wieder in Bekenntnisse zur Wiedervereinigung mündete. Vorsichtige Kritik übte einzig der ebenfalls geladene Pfarrer Eppelmann vom Demokratischen Aufbruch, der darum bat, die DDR als Partner ernst zu nehmen und den Menschen im anderen deutschen Staat Zeit zur Selbstbesinnung zu lassen.

Im Gegensatz zur CDU einigte sich die SPD gestern auf eine Konföderation als vorrangiges deutschlandpolitisches Ziel. Nach Meinung der SPD werden auch die Militärblöcke in Zukunft kein Hindernis für eine solche staatliche Zusammenarbeit sein. Siehe auch Seite 3

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