: Anstiftung zum Wunschzettel
Was sich Bremer Kulturschaffende von einer neuen Kultursenatorin erwarten / Vier Stimmen ■ Norbert Kentrup
Schauspieler, Shakespeare Comp.
Ich bin froh, daß Senator Franke gut mit sich umgeht, und nicht weiter etwas vertritt, was er selber, so glaube ich, an seiner Partei nicht mochte: eine völlige Hilflosigkeit im Umgang mit Kultur. Ich wünsche mir für die Kultur, daß Bildung, Wissenschaft und Kunst getrennt werden - ob
wohl: drei Ressorts sind wohl nicht zu schaffen. Denn innovativ für eine Großstadt war das Kulturressort schon lange nicht mehr. Es besteht mehr im Abblocken von Ideen und Anträgen.
Hierhin bitte das Foto
von dem Rundbrillen-Mann
mit Bart
Ich wünsche mir eine Senatorin, die einen doppelten Kulturhaushalt hat, so wie es der Deutsche Städtetag fordert, nämlich drei Prozent. Ich denke, jeder Wechsel schafft neue Unsicherheiten, aber für die Kultur ist das nur gut, bekannte Wege zu verlassen. Das heißt, einen Kulturhaushalt zu entwickeln, der flexibel ist; endlich zur Kenntnis zu nehmen, daß eine riesige, förderungswürdige Kulturszene entstanden ist, die das Gesicht einer Stadt prägt, aber in dem Kulturhaushalt mit Null berücksichtigt ist. Zu den kursierenden Namen: Jede-jeder
SenatorIn , die diesen Kultur-Etat akzeptiert, ist der/die Falsche. Wir laden die Neue zu unserer Diskussionsserie „Lebendige Stadt“ ein, um einen Überblick über die Ideen, Bedürfnisse und Pläne der Bremer Kulturschaffenden zu bekommen. Hans-Joachim Hofmann
Filmemacher, Fehrfeld-Studios
Sicher ist, daß auch eine NachfolgerIn Probleme haben wird, die Balance zu finden zwischen Imagepflege der Stadt nach außen hin und konkreten lokalen Bedürnissen. Bei Scherf könnte man hoffen, daß er von seiner hohen Warte aus genügend Überblick hat, um auch die Interessen derjenigen zu erkennen, die sich nicht in der ersten Reihe um ihn drängeln. Auf den nachfolgenden senatorischen Ebenen erhoffe ich mir vor allem Bewegung, die unter anderem auch das Rätsel lösen könnte, warum es in Bremen noch immer kein Konzept für eine regionale Filmpolitik gibt. Eine Glasnost -Kur für das Institut für Film und Fernsehen, in dem jährlich Millionenbeträge ohne bisher bekanntgewordene Auswirkungen versickern, stünde ebenso auf meiner Weihnachtsliste, wie die seit Jahren anstehende Neubesetzung einer Professur für den Bereich Film an der Hochschule für Künste. Mein persönlicher Neujahrsappell an die entsprechenden
GremiensitzriesInnen und ABM-Stellenarchitekten: Es gibt viel zu tun, fangt schon mal an. Elke Prieß
Malerin, 2.Vors. des Bremer Verbandes Bildender
KünstlerInnen
hierhin bitte das
das Paßbild der halblang
haarigen Frau
Eine neue KultursenatorIn sollte die alte Forderung nach einer Anhebung des Kulturetats als klare Bedingung für seine Arbeit setzen. In der Zielsetzung erwarte ich mehr kritische Distanz zu den „ganz großen“ Ereignissen und wieder eine stärkere Hinwendung zur Kultur vor Ort. Zum Beispiel brauchen die Bildenden KünstlerInnen aus Bremen dringend wieder einen zentral gelegenen und gut ausgestatteten Präsentationsrahmen. Als 2. Vorsitzende des BBKs fordere ich von einer, einem Neuen die Erhöhung unseres Etats, die Finanzierung einer
Stammkraft und feste Anstellungsräume für unsere 260 KünstlerInnen. Wer als KultursenatorIn anfängt, muß wissen, wir Kulturschaffende sind schon da. Ingo Ahmels
DACAPO-Initiator
Franke zurückgetreten. Mein erster Reflex: Schade. Ich muß zugeben, daß mir der Senator in dem Maße sympathischer wurde, in dem ich begriff, daß nicht ER Initiator dieser haarsträubenden „Kultur„-Politik ist, die millionenschwere Goldeier, Pelzmützen und kurzlebige Schnellschußspektakel forciert und zur selben Zeit die wirklich lebendigen, zukunftsträchtigen Ansätze in der Stadt auf Null beläßt. Wer immer sich auf den Chefsessel im Rembertihochhaus hieven läßt, darf nicht hinter Frankes letzten Erkenntnisstand zurückfallen. In nächster Zukunft muß eingelöst werden, was Franke zuletzt beabsichtigte - u.a. ein Haushaltstitel für die „freie Kultur“ und die Verstetigung der ABM -Kulturprojekte. Der oder die Neue muß auch zu Zeiten Geld für die lebendigen Kulturpflänzchen einer Stadt erkämpfen können, in denen sie keines hat. Von nichts kommt weniger als nichts.
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