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Rücktrittsgerüchte

 ■  McCASH FLOWS ORAKEL

Nachdem der bundesdeutsche DAX-Index vergangene Woche einen neuen historischen Höchststand aufwies, hat sich in dieser Woche die schon am Freitag einsetzende Konsolidierung fortgesetzt. Vor allem bei Bau-Aktien, die in den letzten Monaten sehr zügig vorangekommen waren, nahmen die Anleger Gewinne mit, indem sie nach Kursanstieg verkauften. Daß der DAX am Montag dennoch mit einem leichten Plus schloß, lag vor allem an der guten Performance der Bank-Aktien: die Bilanz der Dresdner Bank weist für 1989 ein absolutes Spitzenergebnis auf, ähnliche Zahlen erwartet man von der Deutschen Bank, deren Zwischenbilanz am heutigen Mittwoch veröffentlicht wird. Ebenfalls zu den Gewinnern zählte Preussag, deren Salzgitter-Übernahme genehmigt wurde und die daraufhin um 15 DM nach oben preschte. Daß es trotz blendender Zahlen aus der Bankwirtschaft an der Börse eher gedämpft zuging, lag an einem Gerücht, das am Montag auf dem Frankfurter Parkett kursierte: Michail Gorbatschow soll seinen Rücktritt angeboten haben. Dies hat sich zwar nicht bewahrheitet, reichte aber, um aus der Osteuropa-Phantasie etwas Luft herauszulassen. Was passiert, wenn ein sibirischer Winter auf die UdSSR zukommt, die ohnehin katastrophale Versorgungslage dramatisch wird und Gorbatschow tatsächlich gehen muß, wagt sich an der Börse derzeit niemand auszumalen. Statt dessen gelten speziell bei amerikanischen und japanischen Anlegern deutsche Aktien derzeit als „in“ - man rechnet damit, daß die ausländischen Großanleger bis zum Jahresultimo ihre Bestände deutlich aufstocken. Neben Standard-Papieren wie VW, deren Kooperationsabsichten mit der DDR schon ein Kursplus von 25 Prozent mit sich brachten, rücken sogenannte „Sondersituationen“ ins Spekulationsinteresse. Etwa die Berliner Victoria-Versicherung, bei der die Bayerische Vereinsbank jetzt eine Beteiligung erworben hat, und die neben aussichtsreichem Versicherungsgeschäft vor allem über riesigen Immobilienbesitz in Berlin verfügt: 147 Objekte in City-Lage, die derzeit auf etwa 1 Milliarde DM geschätzt werden und bei Weiterentwicklung der „Hauptstadt„ -Perspektiven deutliche Wertsteigerungen erfahren dürften. Ebenfalls als DDR-Hit wird der Elektronik-Hersteller Schneider gehandelt, dessen Billig-Videorecorder wie auch der neue HiFi-Turm „Manhattan“ bei DDR-Bürgern ganz oben auf dem Weihnachtswunschzettel stehen. Vor allem in den unteren Preisklassen ist Schneider zur Zeit „fast ausverkauft“. Wie auch zahlreiche Supermärkte im Grenzgebiet, die vor dem gesamten Konsumbereich als erste von der Kaufwut des DDR -Volks profitieren - vor allem die Riesen Spar, Asko und Massa rechnen mit weiteren Zuwächsen und halten Ausschau nach grünen Wiesen im Zonenrandgebiet.

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