: Dollarfall vorerst gestoppt US-Firmen immer billiger
Der seit Tagen anhaltende Dollarkursverfall kam gestern erst einmal zum Stillstand. Immer deutlicher wird indessen die Tatsache, daß sich hinter den Veränderungen des D-Mark -Dollar-Kurses vor allem auch eine DM-Stärke verbirgt. Nachdem am Mittwoch der Dollar an den Devisenbörsen nicht nur den neuen Tiefststand der letzten zwölf Monate erreicht hatte, sondern zwischenzeitlich sogar unter die 1,70-DM -Marke gefallen war, konnte er sich gestern wieder leicht erholen: Mit 1,7355 DM wurde er gestern mittag beim „Fixing“ in der Frankfurter Devisenbörse notiert. Der Dollar hatte also ersteinmal seine Talsohle erreicht. Hintergrund seines Abstieges war die Angst, daß sich die USA einmal mehr als Vorreiter der Weltwirtschaft erweisen, diesmal freilich auf dem Abstiegsweg der Konjunktur. Erste Einbrüche des Wachstums werden hier erwartet. Steigende Arbeitslosenzahlen deuteten in dieselbe Richtung, so daß die US-Notenbank möglicherweise zu Zinssenkungen veranlaßt werden könnte, um die Schornsteine am rauchen zu halten. Niedrigere Verzinsung von Dollarguthaben macht indes nicht nur Dollaranlagen, sondern auch die US-Währung selbst unattraktiv. Lukrativer gestalten sich dagegen Firmenaufkäufe europäischer Konzerne in den USA - die US-Firmen werden schlicht billiger im Einkauf. Die beiden US-Volkswirte E. Graham und P.Krugman haben jetzt in ihrem Buch „Foreign Direct Investment in the United States“ festgestellt, daß der Dollarverfall (von 3,47DM am 27.Februar 1985 bis auf 1,58 DM Ende 1987) dazu geführt hat, daß ausländische Direktinvestitionen heute nicht mehr zehn Prozent, wie Mitte der 80er Jahre, sondern 40 Prozent des horrenden Zahlungsbilanzdefizits der USA finanzieren. Die Tatsache jedoch, daß auf den fernöstlichen Devisenmärkten die Tokioter und Washingtoner Notenbanken zum Wochenbeginn sogar Dollar verkauften, um den Dollaranstieg gegenüber dem japanischen Yen zu bremsen, zeigt, daß es sich derzeit mindestens ebenso um eine spezifische Stärke der DM handelt. Ihr Kurs steigt derzeit nicht nur zum Dollar, sondern auch zum japanischen Yen und auch zum britischen Pfund - noch vor wenigen Wochen über drei Mark notiert, lag es gestern bei 2,76 DM. Es ist daher zu erwarten, daß demnächst auch eine offizielle Aufwertung der D-Mark innerhalb des europäischen Festkurssystems (EWS) beschlossen wird. Der Grund auch hier: deutsch-deutsch.
Bei der bundesdeutschen Wirtschaft wird ein kräftiger Wachstumsschub durch das Ost-Geschäft erwartet, allerdings wie die 'Frankfurter Allgemeine Zeitung‘ erfahren haben will - nur dann, wenn es bei zwei deutschen Staaten bleibt: „Je nachhaltiger sich die alliierten Siegermächte gegen die Wiedervereinigung aussprechen, um so stärker setzt alle Welt auf die D-Mark“, heiße es in Bankenkreisen. Immerhin schafft es die D-Mark, die DDR-Mark auf dem Schwarzmarkt mit hochzuziehen. Seit Tagen bereits wird die Ost-Mark in Westberliner Wechselstuben zum Kurs von 1:8 gegen West-Mark angenommen. Die Feinunze wurde in der Wochenmitte relativ hoch mit 413 Dollar gehandelt.
ulk
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