: Tür zu für Flüchtlinge in Schweden
Regierungsbeschluß gilt ab sofort für Kriegsdienstverweigerer und für Angehörige von Minderheiten / Zwei Drittel der bislang aufgenommenen Asylsuchenden sollen abgelehnt werden ■ Aus Stockholm Reinhard Wolff
Seit gestern morgen 7Uhr sind Schwedens Grenzen für mehr als zwei Drittel der zuvor dort aufgenommenen Flüchtlinge dicht. Dies aufgrund eines Regierungsbeschlusses, der mit unmittelbarer Wirkung in Kraft trat. Abgelehnt werden danach Kriegsdienstverweigerer, Angehörige ethnischer und religiöser Minderheiten, Asylsuchende aus Bürgerkriegsländern: Flüchtlinge, die 73 Prozent der als asylberechtigt anerkannten im vergangenen Jahr stellten.
Warum die Mehrheit der bisher als „asylwürdig“ eingestuften Flüchtlinge dies von einem Tag auf den anderen nicht mehr sein soll, erklärte Einwandererministerin Maj-Lis Lööw vor dem Reichstag mit Unterbringungsproblemen. Die Zahl von jährlich etwa 20.000 Asylsuchenden, die in Schweden in den letzten beiden Jahren jeweils Hilfe suchten, wird sich voraussichtlich auch in diesem Jahr nur unwesentlich erhöhen. Plötzlich sind nun angeblich alle Kapazitäten erschöpft.
Daß die Behörden die einst nicht völlig zu Unrecht als „liberal“ eingestufte Flüchtlingspolitik endgültig in die Rumpelkammer verweisen wollen, war schon vor dem Regierungsbeschluß kein Geheimnis mehr. Gerade in diesem Jahr wurde die Schraube in immer kürzeren Abständen weiter angezogen: Anfang des Jahres Einführung einer Visumpflicht für verschiedene Länder, im November Verschärfung der Kontrollen, Maßnahmen gegen „organisierten Menschenschmuggel“ und Direktabweisung von Flüchtlingen aus angeblich sicheren Ländern gleich an der Grenze.
Seit Freitag ist nun der wesentlich engere Begriff des politischen Flüchtlings gemäß der UN-Konvention in die schwedische Politik eingegangen. Nun soll jeder Asylsuchende eine individuelle Verfolgung nachweisen. Die Behörden wollen über das Ja oder Nein binnen einer Woche entscheiden.
Der Schlag zielt offensichtlich gegen Angehörige der türkischen Minderheit in Bulgarien. Seit dem Sommer kamen etwa 5.000. Viele erfüllten nach altem Recht die Asylvoraussetzungen, nur einzelne werden es unter dem neuen Recht können. Die Gefangenenhilfsorganisation amnesty international erklärte, Schweden habe sich in die Gemeinschaft der flüchtlingsfeindlichsten Länder Europas eingereiht.
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